Gefahrstoffe und Berufskrankheiten - kriminelle Machenschaften?

ANZEIGE
Werbung auf Sifaboard
  • Hallo Community,


    ich bin durch einen Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" auf eine Recherche-Seite gestoßen, die sich u.a. mit dem System der Gesetzlichen Unfallversicherung in Verbindung mit der Anerkennung von Berufskrankheiten beschäftigt:
    Wer an das Gute in der DGUV glaubt wird es vermutlich hinterher nicht mehr tun.


    http://www.anstageslicht.de/th…icher-unfallversicherung/


    Hier z.B. die Geschichte der BK 1317 (Malerkrankheit)
    http://www.anstageslicht.de/th…ssenschaftskriminalitaet/


    und Erhellendes über den "Papst der Arbeitsmedizin"


    http://www.anstageslicht.de/th…ende-meinung-organisiert/



    Gruß


    Schmandhoff

  • ANZEIGE
  • Tja, letztlich müssen alle Wirtschaftlich arbeiten.. zumindest in eine Richtung ;)


    Das die betroffenen leider oft durch das System purzeln und hart aufschlagen kümmert die wenigsten wobei dieser tiefe Fall noch schlimmer ist als die Krankheit so meine eigene Erfahrung und auch die vieler betroffenen die ich auf meinem weg nach unten und zurück kennen gelernt habe

    Mfg Dierk

    Elektriker aus Leidenschaft :thumbup:

  • Hi,


    die gesetzlichen Unfallversicherungsträger sind wie der Name schon verrät Versicherungen. Und diese versuchen natürlich zuerst alles, um nicht(s) zahlen zu müssen. Aus Sicht des Beitragszahlers ist es auch wichtig, dass die Versicherungen nicht einfach alles bezahlen, sondern ordentlich prüfen, ob die Ansprüche berechtigt sind.


    Bei Unfällen ist das leidige Thema mögliche Vorschäden der Verunfallten, die zu einer Reduzierung oder vollständigem Wegfall der Ansprüche führen. Ohne das wissenschaftlich statistisch belegbar untersucht zu haben sind mir persönlich hier sehr häufig gegensätzliche ärztliche Gutachten begegnet und es ist zumindest gefühlt auffällig, wie sehr sich zwei ärztliche Gutachten zum gleichen Sachverhalt in diesem Bereich widersprechen und dass dann des Öfteren dem Gutachter des Versicherers vor Gericht mehr Glauben geschenkt wird.


    Berufskrankheiten sind generell ein sehr unschönes Betätigungsfeld. Die Dunkelziffer ist sicher hoch, weil viele ihre Berufskrankheit gar nicht anzeigen wollen und / oder von Ärzten die Möglichkeit der Anzeige gar nicht gegenüber dem Betroffenen erwähnt und seitens des Arztes auch keine Anzeige gestellt wurde (mir sind z.B. einige Fälle bekannt, in denen Personen aus unterschiedlichen Gründen ihre Asbestose nicht als Berufskrankheit meldeten und dementsprechend keinen Cent von der BG während ihrer Leidenszeit bis zum Tod erhalten haben). Eine Perversion im System ist, dass in der Regel nur Berufskrankheiten anerkannt werden (können), die als Berufskrankheit explizit in der Berufskrankheiten-Liste aufgeführt sind. Der aktuelle wissenschaftliche Stand der Erkenntnis (inklusive offensichtlicher Zusammenhänge) wird gerne ignoriert und Betroffene, die berufsbedingt an einer nicht gelisteten Krankheit erkranken, haben praktisch keinerlei Ansprüche und können nur hoffen, dass die Krankheit irgendwann als Berufskrankheit in die Liste aufgenommen wird, um Ansprüche mit Aussicht auf Erfolg erheben zu können (die Möglichkeit der Anerkennung eines Einzelfalls wie eine Berufskrankheit klingt zwar nett, mir ist jedoch noch keiner begegnet, der diese Anerkennung zugesprochen bekommen hat). Spannend ist hier auch der Blick über den Tellerrand, was in anderen Ländern schon lang als Berufskrankheit anerkannt wird, während in Deutschland Diskussionen über eine mögliche Anerkennung Jahre bis Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
    Bei der Anerkennung gibt es auch hier gefühlt sehr oft Gutachten mit gegensätzlichen Ergebnissen. In wie weit dies an Personen oder an den Rahmenbedingungen zur Erstellung solcher Gutachten liegt, kann ich nicht beurteilen, da ich mich mit der Erstellung medizinischer Gutachten noch nie beschäftigt habe. Da sehe ich die Mediziner in der Pflicht, sich des Themas anzunehmen.


    schöne Grüße

  • ANZEIGE
  • WOW!!! WAS für ein Artikel...


    ...ist mir allerdings etwas zu einseitig. Selbstverständlich ist die Thematik, wie alles in solcher Größenordnung, auch eine hochpolitische Sache. Wer hier ausschließlich an die "heile Welt" glaubt ist ein ziemlicher Illusionist. Wo viel Licht ist, ist meistens eben auch Schatten - und ich glaube, dies ist die andere Seite, ein System zur Anerkennung von BK'en wie wir es haben, leuchtet ziemlich hell. Dies sollte man bei aller Kritik nicht vergessen oder verdrängen.


    Natürlich gibt es auch hier vielleicht sogar spektakuläre Fälle, denen eine Anerkennung versagt blieb. Auf der anderen Seite ist auch nicht jeder anerkannte Rückenschaden ausschließlich berufsbedingt...


    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Ich bin noch am lesen, zwischendurch neben der Arbeit.


    Und ich bin auf der einen Seite entsetzt, auf der anderen kommt so ein Gedanke von "ich hab's doch irgendwie gewusst"

  • . Wo viel Licht ist, ist meistens eben auch Schatten - und ich glaube, dies ist die andere Seite, ein System zur Anerkennung von BK'en wie wir es haben, leuchtet ziemlich hell

    Das Problem dabei ist, dass es so hell gar nicht leuchtet, wie sich im internationalen Vergleich deutlich zeigt; da sind viele Länder mit ähnlicher Wirtschaftskraft und Sozialsystemen wie Deutschland viel weiter.


    Und: Die BGen sind eben keine gewinnorientiert arbeitenden "normalen" Versicherungen sondern haben einen gesetzlichen Auftrag der dem Schutz der Arbeitnehmer dient.


    So wie es aussieht, scheint es aber ihr primäres Bestreben zuz sein die Kosten für die Arbeitgeber möglichst klein zu halten und da von der "Forschung" (falls man das so nennen kann, vom Einhalten von anerkannten wissenschaftlichen Standards kann ma da ja eher nicht sprechen) über die Definition von BKen, die Begutachtung und die Anerkennung alles aus einer Hand kommt und es auch keine unabhängige (parlamentarische) Kontrolle gibt, ist dem Missbrauch tür und Tor geöffnet.


    Und Missbrauch von seiten der BGen wird ja offensichtlich betrieben, was die lächerlich geringen Anerkennungsquoten für Bken zeigen.


    Selbst wenn man Befürworter einer restriktiven Anerkennungspolitik ist, um Missbrauch durch "Simulanten" zu verhindern: das was die DGUV da betreibt geht eindeutig zu weit, das scheint dem Motto zu folgen "lieber 100 Unschuldige hinrichten als einen Schuldigen laufen zu lassen"


    Wenn andere Sozialversicherungsträger, die Renten- oder Krankenversicherungen z.B. so agieren würden, wäre das Echo aus Politik und Gesellschaft ganz anders....


    Schmandhoff

  • ANZEIGE
  • steht viel Interessantes drin UND ganz viel Kacke!!


    Frage: welcher Prozentsatz an BK en wurde anerkannt bzw. abgelehnt? Das ganze noch mit seriöser Quelle und man kann sich ein Bild machen. Vielleicht haben „unsere“ Versicherten einfach Glück, denn die dargestellten Machenschaften kenne ich nicht.


    Wieso ich mich so äußeren kann; ich sitze im Rentenausschuss und unterschreibe jede Ablehnung bzw. jeden Rentebescheid.

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Hallo AL_MTSA,

    Frage: welcher Prozentsatz an BK en wurde anerkannt bzw. abgelehnt?

    Die Anerkennungsquote ist im Zusammenhang mit der hier diskutierten Problematik keine valide Kennzahl, weil ja nur die Fälle in die Zählung eingehen, die es soweit geschafft haben, dass über einen Rentenantrag entschieden wird.
    Und das sind, wie die Quellen und Zahlen in den zitierten Seiten ja deutlich zeigen, nur die Allerwenigsten, weil das meiste schon im Vorfeld abgebügelt wird.


    Aber unabhängig von den Anerkennungsquoten:
    Dass die Autoren von Merkblättern für Berufskrankheiten systematisch unbestrittene toxikologische, medizinische und epidemologische Fakten nicht nur ignorieren sondern in Ihren Darstellungen ins Gegenteil verkehren und mit unglaublicher Dreistigkeit auch noch aktiv gegen die Korrektur dieser Lügen agitieren macht mich, gerade als Naturwissenschaftler (ich bin Chemiker), echt fassungslos.


    Hier ist ein interressantes Buch (von Prof. Dr. Frentzel-Beyme) verlinkt, in dem valide dargestellt wird das wie im Fall von Berufskrebs und chronischer Neurotoxizität gehandhabt wurde.
    Wer ein bisschen Statistik kann und Forschungsliteratur lesen kann (das Buch hat ein umfangreiches Quellenverzeichnis, z.T. sind die Quellen auch im Internet auffindbar) erkennt klar, dass das vorsätzliches Handeln war, und keine Fahrlässigkeit.


    Gruß
    Schmandhoff


    P.S. hier noch der LInkzum Buch: http://www.anstageslicht.de/fi…rte_Gutachter_OCR_opt.pdf

    Einmal editiert, zuletzt von Schmandhoff ()

    • Offizieller Beitrag

    Wer Zeitung liest, muss das immer mit einem Blick in die DGUV Vorschrift 0 (Null) "Gesunder Menschenverstand" tun. :S


    Ich denke dafür sind die User hier im Forum alle Fachmann genug, um zu erkennen, was polemisch und unseriös oder fachlich fundiert und ehrlich zu Papier gebracht wird.


    Die DGUV hat hierzu auch schon eine Antwort auf ihrer Website: https://www.dguv.de/de/medienc…eutsche-zeitung/index.jsp




    peter

    Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. (Werner-von-Siemens zugeschrieben)

  • Nachdem ich nun den ganzen Artikel gelesen hatte, kam ich doch ins Grübeln. Meine Äußerung von Oben

    Und ich bin auf der einen Seite entsetzt, auf der anderen kommt so ein Gedanke von "ich hab's doch irgendwie gewusst"

    muss ich revidieren. Peter hat vollkommen recht.


    Zu dem Schluss bin ich gekommen als ich ein Interview mit Herr
    Michael-Butter-Nichts-ist-wie-es-scheint
    gesehen habe. Was er sagte, das passt genau ins Schema des oben verlinkten Berichtes.


    Danke Peter für die Richtigstellung der DGUV.

  • ANZEIGE
  • Hallo zusammen,
    da ich zu den wenigen gehöre die eine Berufskrankheit haben, kann ich über abgelehnte Rentenanträge erzählen.
    Bk 2108 (LWS) wurde nach einer langen Berufsanamnese und Begutachtung durch einen von der BG vorgeschlagenen Orthopäden (zufällig mein behandeltender Arzt) als BK anerkannt. War auch alle Nase lang beim Medizinmann für eine Spritze. Bei der Begutachtung wurde ein MdE(Minderung der Erwerbsfähigkeit) von 10 ermittelt. Ich habe daraufhin das Verletztengeld in Anspruch genommen. Vor Ablauf des Anspruchs und einer Reha habe ich,da ich in meinem Beruf als Metzgermeister nicht mehr arbeiten kann, einen Verschlechterungsantrag gestellt. Daraufhin wurde ich nochmals begutachtet. Mit dem gleichen Ergebnis, MdE 10. Um eine Rentenzahlung zu erhalten, benötigt man aber den MdE 20. Und um diesen zu erlangen, musst du schon den Kopf unter dem Arm tragen. Nach Ablauf der Verletztengeldzahlung erhält man Alg. Da wird dann geprüft für welche Tätigkeiten wir noch herangezogen werden können.Wir haben immer noch eine Resterwebsfähigkeit, und die sagt, wir können noch leichte Arbeiten verrichten.
    Ich habe das ''Glück'' schon 60 zusein und einen GdB 50 aufgrund meiner BK. Für jüngere sieht es da düster aus.
    Nach Ablauf des Verletztengeldes hast du einfach wieder gesund zu sein.


    mit kollegialen Grüßen Joachim


    Zitat von Joachim Ringelnatz

    Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.

    Was du ererbest von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen