Stromunfall: Fehlerstromschutzschalter unwirksam?

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  • Es geht ausnahmsweise nicht um einen Arbeitsunfall sondern um einen Haushaltsunfall wie er aber identisch im gewerblichen Bereich hätte passieren können.


    Das ist gestern in unserem Haushalt passiert:


    Meine knapp 24-jährige Tochter wollte saugen. Der Staubsauger blieb nach dem Einschalten aber stumm. In der Annahme, der Stecker sei nicht richtig in der Steckdose wollte sie das prüfen und griff an den Stecker. Offenbar war jedoch direkt hinter dem Knickschutz mindestens ein Leiter gebrochen. Beide Leiter kamen zusammen und der dadurch entstandene Kurzschluß schlug deutlich sichtbar mit einem starken Funken aus dem Kabel, dessen Isolation regelrecht aufgerissen wurde. Der Funke traf die Hand und wurde über den Körper abgeleitet.


    Weder die Sicherung für diesen Stromkreis, noch der eine für das gesamte Einfamilienhaus zuständige FI reagierten. Offenbar waren beide Schutzeinrichtungen dafür zu träge. Beim FI wäre noch die Frage ob evtl. der über den Körper abgeleitete Strom zu gering war, um ihn auszulösen. Intakt sollte er sein, allerdings habe ich nur die Möglichkeit ihn über den Prüftaster zu prüfen. Da reagiert er wie er soll.


    Meine Tochter hat sich zunächst ins Bett gelegt, weil sie Kopfschmerzen bekam, sich matt und elend fühlte und ihr wie sie sagte gleichzeitig warm und kalt war. Hand und Arm kribbelten. Ich kam etwa zwei bis zweieinhalb Stunden nach dem Stromunfall nach Hause und habe sie natürlich sofort ins Krankenhaus gefahren. Dort ergab sich zunächst nur ein stark beschleunigter Puls, der konstant bei Werten zwischen 120 und 130 lag. Sie bekam zur Sicherheit und zur Erleichterung für das Herz einen Tropf mit 500 ml Elektrolytlösung weil sie nicht genau sagen konnte wie viel sie den Tag über getrunken hatte. Die Blutwerte waren soweit in Ordnung, sie hatte aber leichtes Fieber (37,9°C). Der Puls sank den ganzen Abend kontinuierlich ohne besondere Schwankungen. Etwa 6 bis 7 Stunden nach dem Stromunfall unterschritt er die Marke 100. Heute morgen, also weitere 8 Stunden später liegt er zwischen 80 und 90. Wahrscheinlich wird noch ein Herzultraschall gemacht, um alle Eventualitäten auszuschließen.


    Grundsätzlich kann man sagen: "Glück gehabt!" Trotzdem würde ich gerne Eure Meinung zu dem Ablauf an sich hören. Dabei geht es mir vor allem um die (Fehl-) Funktion des Fehlerstromschutzschalters. Meine Hypothese ist, dass durch den Kurzschluß nur ein Teil des Netzstroms über den Körper abgeleitet wurde. Das mag zwar dazu beigetragen haben, dass die gesundheitlichen Folgen nicht zu massiv waren, aber meine Tochter hat trotz FI einen für sie deutlichen und schmerzhaften Stromschlag erhalten, der erhebliche körperliche Folgen hatte. Mir ist völlig neu, dass zumindest unter besonderen Bedingungen wie bei diesem Fall ein FI einen Stromschlag nicht verhindert. Ist das normal oder ist der FI doch defekt? Wie soll ein solcher Fall verhindert werden? Man kann ja keine Laien beauftragen regelmäßig einen entsprechenden Fehlerstrom aufzuschalten, oder doch? Wie schütze ich als Hauseigentümer meine Familie, bzw. wie kann ein Unternehmer seine Mitarbeiter vor vergleichbaren Unfällen schützen?



    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.

    Einmal editiert, zuletzt von Micherheit ()

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  • zw. wie kann ein Unternehmer seine Mitarbeiter vor vergleichbaren Unfällen schützen?


    Da fällt mir zunächst erst einmal die PRCD-S ein zumindest für MA die ihre Endgeräte in Steckdosen bzw. Hausanschlussdosen stecken wo sie nicht wissen wie diese abgesichert sind z.B. ambulante Pflege.
    http://prcd-s.info/funktionsweise/


    MA sind unterwiesen Geräte vor Einsatz einer Sichtprüfung zu unterziehen, eventuell hätte man dort dann das beschädigte Kabel gesehen?

    Einmal editiert, zuletzt von Mattes14 () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • @Micherheit


    Guten Morgen Michael,


    Du kannst Deinen FI-Schutzschalter auch mit einem DUSPOL Spannungsprüfer auslösen. Wenn Du dein Gerät zwischen Außenleiter und Erdung hälst und die Lastzuschaltung drückst, dann sollte dein FI auslösen. Sofern der Messstom >30 mA ist. Vielleicht kennst Du einen Elektrischen, der hat das passende Werkszeug. Hat der Elektriker alles richtig gemacht?
    Wenn du einen 30 mA FI-Schutzschalter hattest, dann wäre der Fehlerstrom kleiner 30 mA geblieben (abgeleitet über den Körper). Zu träge sind die Geräte keinesfalls. Ich kenne keine Trägheit bei RCD (neue Bezeichnung).
    Ich denke, Du hast alles richtig gemacht. Kin ins Krankenhaus. Jetzt noch den FI prüfen lassen.

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf


    Gruß Mick

    2 Mal editiert, zuletzt von Mick1204 () aus folgendem Grund: Ergänzungen

  • Moin Michael,

    Man kann ja keine Laien beauftragen regelmäßig einen entsprechenden Fehlerstrom aufzuschalten, oder doch?

    diese Frage solltest Du Dir selber beantworten können.

    wie kann ein Unternehmer seine Mitarbeiter vor vergleichbaren Unfällen schützen?

    siehe DGUV V3 mit DGUV DA3


    Der Prüftaster bei einem RCD prüft die mechanische Auslösefähigkeit . Ob die Auslösegrenzwerte( Auslösezeit und Auslösestrom)eingehalten werden kannst Du nur meßtechnisch ermitteln.
    Wenn Du selber nicht die Fachkunde dazu hast musst Du jemanden damit beauftragen.


    Sicherheit kostet nun mal was ob daheim oder im einem Unternehmen.


    Mein Fazit: wenn Du Sicherheit haben möchtest mach es so wie Du es auch dem Unternehmer empfehlen würdest. Regelmäßig prüfen oder prüfen lassen


    Gruß
    Dirk

    Die Zeit ist ein großer Lehrer.
    Das Unglück: Sie tötet ihre Schüler


    Es ist einfacher ein Atom zu spalten als ein Vorurteil (Albert Einstein)

  • Zunächst: Gute Besserung an dieser Stelle

    Mir ist völlig neu, dass zumindest unter besonderen Bedingungen wie bei diesem Fall ein FI einen Stromschlag nicht verhindert. Ist das normal oder ist der FI doch defekt?

    Das kann ein FI nicht und konnte er auch noch nie...


    Der FI, in welcher Form auch immer schaltet bei einem Fehlerstrom X ab ( abhängig von der Nenndaten ), dieser muss aber zunächst einmal erreicht werden und der liegt bei einem 30mA bei min 15mA. Welchen max Nennfehlerstrom und Type wir als Grundlage haben wissen wir ja noch nicht


    Das diese grenze tödlich sein kann ist spätestens seit dem tragischen Unfall der Kinder in der Badewanne und dem Fön relativ bekannt die lt Gutachten wohl längere Zeit einem Fehlerstrom von ~ unter 13mA ausgesetzt waren und verstarben. So zumindest haben es die Versuchsaufbauten ergeben und meine letzten Info´s


    Somit wäre ein zu geringer Fehlerstrom, Einwirkungsdauer, Einwirkung des Lichtbogens und schock ein mögliches Szenario welches Plausibel sein kann


    Oder der FI ist "blind" weil der Summenstromwandler gesättigt war was aber in einem Eigenheim kaum vorkommen sollte


    Ich würde zunächst einmal prüfen was für ein FI verbaut ist, welcher Typ Sicherung und deren Charakteristik ( z.B B/C oder gg ) und dann aus Vorsorge die Anlage evtl mal prüfen lassen wie @disc42 es empfiehlt denn das der FI nicht kommt ist eher verständlich wie das nicht auslösen einer Sicherung wenn wir von Kurzschluss und Lichtbogen sprechen


    Dann hat man zumindest Gewissheit das die Anlage intakt ist und es zu einer Verkettung von Einflüssen gekommen ist die außerhalb des FI lag.
    Evtl würde ich darüber nachdenken sogar FI´s mit 10mA zu verbauen und mehr als einen








    Ich kenne keine Trägheit bei RCD (neue Bezeichnung).

    Kurzeitverzögerte RCD´s gibt es auch am Markt wie auch Selektive
    Hier mal kurz erklärt


    Ich habe ab und an auch welche die einfach träge sind aber noch der Norm entsprechen..Die Kloppe ich gleich raus..



    Du kannst Deinen FI-Schutzschalter auch mit einem DUSPOL Spannungsprüfer auslösen.

    Als alternative https://www.va-labs.de/fi-tester-steckdosentester/ . Hier erhält man auch die Auslösezeiten. In wie weit dieses Messmittel genau ist kann ich nicht sagen, habe es noch nicht testen können


    Auch sollte man hier wissen was man da misst, einfachere Versionen wären z.B Testboy Schuki usw...

    Mfg Dierk

    Elektriker aus Leidenschaft :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von dierk ()

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  • Moin Michael,


    du hast die Lücke im System.
    Vorab: Deine Elektrik ist ok.


    Was ist passiert?
    Die Isolation in einem aktiven Anschlusskabel ist beschädigt. Dabei entstand ein Kurzschluss. Ist dein Leitungssystem z.B. mit 16 Amp abgesichert, dann fließt in dem Moment ein Vielfaches, in kurzer Zeit, an Strom. Diese Leistung (Blitz und Knall) hat sogar die Isolation durchschlagen und ist dort herausgekommen.
    Der Finger, der da jetzt zufälligerweise im Weg war, hat einen kleinen (Zeitdauer) elektrischen Schlag bekommen und/oder die Kurzschlussleistung gespürt. Blöd. Die Sicherung (dein Automat) ist ein Schutz für die elektrische Leitung. Die ist gefallen, hat also funktioniert.


    Die andere Schutzmöglichkeit (FI, RCD) konnte nicht greifen. Warum nicht? Das ist ein Stromsummenschalter. Will heißen, der Strom der durch L (Phase) in einem Stromkreis fließt, muss über N (Neutralleiter) wieder zurückfließen. Dann ist alles ok. Ist das nicht der Fall, z.B. weil irgendwo über mangelnde Isolation in deinem System etwas abfließt, dann löst der Schutzschalter aus. Bei den Standard 30mA können also auch 29mA fließen, ohne das das Ding auslöst.
    In deinem Kurzschlussfall ist der RCD außen vor.


    Der Finger war im Moment des Kurzschlusses im Weg. Das war einfach Pech. Letztlich greifen die Schutzsysteme schon schnell, aber schnell ist nicht = 0,0 Sekunden. Selbst Sekundenbruchteile im Milli-Sekundenbereich können einen spürbaren Schlag weitergeben.


    Ich hoffe, die kurze Erklärung ist so einfach gehalten, dass sie verstanden werden kann.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    Mir stellt sich da eine Frage.


    Meinen Erfahrungen nach sind Staubsauger elektrisch nach Schutzklasse 2 gebaut, d. h. der Schutz wird durch doppelte Isolierung erreicht und es gibt keinen Schutzleiter, wie in Schutzklasse 1.


    Wie kann denn dann beispielsweise beim Saugen im Wohnzimmer auf dem Teppich - ohne dass ein Schutzleiter vorhanden ist - bei freiliegenden Kabeln ein FI auslösen?



    peter

    Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. (Werner-von-Siemens zugeschrieben)

  • Besteht nicht die Möglichkeit, dass der Stecker ein Schutzkontaktstecker ist und der Motor geerdet ist?

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    Gruß Mick

    • Offizieller Beitrag

    ja, ...
    z. B. bei meinem Nass-Sauger mit Metallgehäuse ist das so.


    Aber bei den Haushaltssaugern - auch mit der automatischen Kabelaufwicklung - kenne ich nur Schutzklasse 2 mit Eurostecker.



    peter

    Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. (Werner-von-Siemens zugeschrieben)

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  • Hallo Peter,


    welche Konstellation?


    Jetzt ganz blöd:
    Du saugst einen leitfähigen Untergrund ab, z.B. deinen feuchten Rasen (soll es geben = Beispiel). Dein Staubsauger ist zweipolig angeschlossen. Das Kabel hat einen Isolationsfehler, Scheuerstelle o.ä. und just dieser einzelne beschädigte Leiter ist die Phase. Bei Kontakt mit dem leitfähigen Untergrund fließt ein wenig Strom darüber ab. Das merkt der RCD/FI, da ja nicht mehr genau der Strom, der zum Staubsauger hin-fließt auch wieder zurückkommt. Ist die Differenz jetzt größer als der Auslösestrom des Schutzschalters, dann löst dieser aus. Dein letfähiger Untergrund ist ja irgendwie geerdet, bzw. auf Erdpotential.


    Blödes Beispiel, aber so sollte es gehen. Also irgendeine Verbindung eines stromführenden Teiles des Staubsaugers nach aussen hin muss schon sein.

    .
    .
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    ... viele Grüße vom Waldmann.





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    (kölsche Zuversicht)

  • Genau, es bedarf keinen Schutzleiter um den RCD auszulösen. Es reicht eigentlich schon wenn (und das wissen viele gar nicht) im Betrieb mit dem N eine Verbindung zur "Erde" herstellt.


    zum Problemfall: so wie Waldmann es beschrieben hat ist es korrekt.

  • Es reicht eigentlich schon wenn (und das wissen viele gar nicht) im Betrieb mit dem N eine Verbindung zur "Erde" herstellt.

    Wenn du mit "im Betrieb" meinst das es sich um einen Stromkreis mit aktiven Verbraucher handelt ist es Logisch da der N der Rückleiter ist über den der Strom ebenso fließt wie über die Phase ( Außenleiter )


    Ohne Aktiven Verbraucher im Stromkreis bzw Sicherung ausgeschaltet:


    je nach Netzform reicht es u.u. sogar aus wenn ich nicht einmal eine Spannung im Verteiler / FI anliegen habe um den Fi mit einer N-PE Verbindung auslösen zu können


    Im TN-S Netz muss i.d.r dazu ein Strom irgendwo im FI Kreis fließen um bei einer N-PE Verbindung den FI auslösen zu können. Dabei wäre es dann egal ob an dieser Stelle auch eine Netzspannung anliegt oder nicht weil z.B die Sicherung abgeschaltet wurde für den Stromkreis.





    Somit löst der FI u.u schon aus bevor ich ein Schadhaftes Gerät überhaupt einschalte, es muss nur wie beschrieben eine Verbindung zum Erdpotenzial vorhanden sein und ein gewisser Fehlerstrom fließen

    Mfg Dierk

    Elektriker aus Leidenschaft :thumbup:

  • Das ist ja doch komplizierter als gedacht. Ich sage an dieser Stelle mal vielen Dank an alle. Meine Tochter durfte/musste zwei Tage in der Klinik bleiben, der Vorfall blieb aber ohne Folgen.


    Zum Staubsauger: Ja, die Anschlußleitung hat nur zwei Leiter. Gibt es auch andere? Das wäre mir neu. Es war auch kein asiatisches Billigteil, sondern ein ehemals sehr teurer Dyson. Der allerdings auf dem Weg in Richtung 10 Jahre geht. Es können auch 7 oder 8 Jahre sein, aber die fünfjährige Garantie ist schon länger vorbei. Der Kabelbruch genau am Ende des Knickschutzes ist nicht auf mangelnde Qualität, sondern auf normale Alterung / Verschleiß des täglich genutzten Gerätes zurückzuführen.



    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.

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