Krippenwagen - Kinderwagenschubsen als körperliche Belastung?

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  • Moin,

    haute hatte ich eine eher ungewöhnliche Begehung. Erzieherinnen von uns haben darum gebeten, an der regelmäßigen Krippenwagentour teilzunehmen und sich das mal anzusehen. Also gut, nix wie raus und nachgeschaut.

    Krippenwagen 6-Sitzer: Leergewicht 36kg
    Kindergewicht gemittelt: 14,3kg
    Zuladung (Getränke, Erste-Hilfe, Verpflegung etc.): 8,4kg

    Gesamtgewicht: 130,2kg 8|

    Tourlänge: 1km bis > 4km
    Wagen mit Bock- und Lenkrollen
    Laufgeschwindigkeit: normal zügig
    Körperhaltung: Rumpf aufrecht, keine Verdrehung
    Ausführungsbedingungen: eingeschränkt (Bordstein rauf, Bordstein runter, Querneigung von Trottoirs, Umfahren von Hindernissen etc.) Kurz mal die Leitmerkmalmethode angeworfen und schwupps ist man im gelben Bereich.

    Wieder einmal gelernt, nichts vom Schreibtisch aus zu beurteilen und sich erst einmal alles anzusehen. Jetzt heißt es, geeignete Maßnahmen zu finden, um die Belastungen zu reduzieren. Irgendwo zwischen "Wir fahren gar nicht mehr" und "Wir kaufen einen Krippenwagen mit Elektromotor" werden wir landen. Ich bin mal gespannt. ;)

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Hi,

    da gibts vom 6- bis zum 12-Sitzer alle möglichen Krippenwagen, mit denen die Erzieherin allein oder zu zweit 120 bis 250 kg ohne Hilfsmotor ziehen dürfen. In einem mir bekannten Fall endete die Probefahrt eines Modells bereits an der Rampe zur Eingangstür des Kindergartens, weil die Erzieherin den Krippenwagen die Rampe beladen nicht mehr hochziehen konnte. Da in dem Bereich aus gesundheitsschutztechnischer Sicht auch katastrophale Modelle verkauft werden kann man jedem nur raten: Modell zum Testen bestellen, die üblichen Strecken mit realistischer Beladung bzw. Last (Sandsäcke oder Getränkekästen können z.B. die Kinder als Gewicht ersetzen) von der schwächsten Erzieherin ziehen lassen und die Testfahrten nach Leitmerkmalmethode bewerten! Auch zu zweit ziehen ist kein Allheilmittel, je nach Strecke ist das nämlich aus Platzgründen gar nicht überall möglich. Und bitte auch Finger weg von selbstgebastelten Bollerwägen!

    schöne Grüße

  • Ich würde schon einmal am Wagen ansetzen. Warum müssen die Kinder gefahren werden?
    Bei Kindern < 3 Jahre könnte ich es ja teilweise verstehen, ältere Kinder können problemlos auch mal 1km zu Fuß zurücklegen.
    Ist weiterhin ein Wagen erforderlich könnte man diesen abwechselnd schieben, sofern entsprechend Personal vorhanden ist. Dadurch reduziert sich die "Wirkzeit" und man kann in den grünen Bereich kommen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Leitmerkmalmethode ja eine Betrachtung der Schicht ist. Kommt man hier in den grünen Bereich könnte man die Tätigkeit täglich ausführen. Ich gehe einmal davon aus, dass man nicht täglich die Kinder durch die Gegend schiebt, würde somit einen gelben Bereich gelegentlich tolerieren. Auch muss man berücksichtigen, dass die Leitmerkmalmethode nicht auf die körperliche Konstitution eingeht. Eine zierliche Erzieherin, welche 40kg auf die Waage bringt dürfte mit einem 130kg Gefährt schon auf ebenem Untergrund erhebliche Probleme haben.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Ich würde schon einmal am Wagen ansetzen. Warum müssen die Kinder gefahren werden?

    Moin Axel,

    weil man sonst nicht in einer angemessenen Zeit zu den gewünschten Zielen kommt (Spielplatz, Pferdekoppel, Innenstadt, Feuerwehr etc.).

    Bei Kindern < 3 Jahre könnte ich es ja teilweise verstehen, ältere Kinder können problemlos auch mal 1km zu Fuß zurücklegen.

    Wie geschrieben - Krippenkinder. Ältere Kinder dürfen aufgrund des Körpergewichts in der Regel gar nicht mit dem Krippenwagen fahren.

    Auch muss man berücksichtigen, dass die Leitmerkmalmethode nicht auf die körperliche Konstitution eingeht.

    Zitat von Leitmerkmalmethode


    Erhöhte Belastung, eine körperliche Überbeanspruchung ist bei vermindert belastbaren Personen möglich. Für diesen Personenkreis sind Gestaltungsmaßnahmen sinnvoll.

    Nur weil auf dem Vordruck die Erzieherin mit 40kg nicht explizit erwähnt ist, heißt das nicht, dass man sie nicht berücksichtigt.

    Zitat von Leitmerkmalmethode


    Die Grenzen zwischen den Risikobereichen sind aufgrund der individuellen Arbeitstechniken und Leistungsvoraussetzungen fließend. Damit darf die Einstufung nur als Orientierungshilfe verstanden werden.

    Die Leitmerkmalmethode gibt die Hinweise. Der Rest ist dann unsere Aufgabe.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Moin

    Jetzt heißt es, geeignete Maßnahmen zu finden, um die Belastungen zu reduzieren. Irgendwo zwischen "Wir fahren gar nicht mehr" und "Wir kaufen einen Krippenwagen mit Elektromotor" werden wir landen.

    ich habe schon ziemlich viel mit LMM gearbeitet, sogar mit dem Computerprogramm der Baua, dass es nur auf Anfrage gibt.

    Zur Orientierung finde ich es super !

    Aber ich benutze es immer nur wie ein Foto, als Momentaufnahme. So sind viele Tätigkeiten abhänig vom Ausführenden und von den Tagesgegebenheiten. Daher beurteile ich die z. B. Tätigkeit so, als ob die MA richtig unterwieden wurde.

    Speziell bei "Ziehen und Schieben" ist die Strecke der Multiplikator. Da haben wir bei uns im Team so unsere Bedenken, ob sich die ergebene Belastung wirklich mit dem Weg mulipliziert.
    Fast jede Krankenschwester ist z.B. mit Bettschieben schon im gelben Bereich! (Umfahren von Gegenstände, Kurven, Schwellen, stellenweise schlechter Bodenbelag,..)

    Und was auch problematisch ist, dass die Methoden nicht kominiert werden dürfen.
    Neben dem Schieben "hebt und trägt" ja die Kindergärtnerin auch etliche Mal die Kinder. Darf dann diese überhaupt noch Arbeiten ???

    Daher bin ich in meinen Bereichen schon froh, wenn ich im niedrigen gelben Bereich lande. Im Krankenhaus ist alles andere unrealistisch!

    Also nicht in ungezielten Aktionismus verfallen, wenn gelb herauskommt.

    Aber wie ich Frank kenne, hat er das sicher schon alles bedacht. :D

    Grüßle
    de Uil

    „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich das generische Femininum. Diese Formulierungen umfassen gleichermaßen alle Personen; alle sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen und mitgemeint.“

    Omnia rerum principia parva sunt. [Der Ursprung aller Dinge ist klein.] (Cicero)

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  • Und was auch problematisch ist, dass die Methoden nicht kominiert werden dürfen.

    Moin,

    das hatte ich ich diesem Thread schon einmal thematisiert. Wenn man aber die Systematik verstanden hat, dass wir nur eine orientierende Betrachtung machen können, hat man zumindest einen Ansatz. Stufe 2 ist dann die Betrachtung durch Spezialisten (ergonomisch fachkundige Personen, Betriebsarzt etc.). Stufe 3 ist dann die wissenschaftliche Betrachtung, die wissenschaftlichem Personal vorbehalten ist. So sieht es die BAuA. Realistisch ist das aber bei der Masse der Fälle nicht.


    Also nicht in ungezielten Aktionismus verfallen, wenn gelb herauskommt.

    Nö, wir arbeiten das in Ruhe ab.

    Aber wie ich Frank kenne, hat er das sicher schon alles bedacht.

    Alles sicherlich nicht, aber ich versuche es. :)

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.