Verweigerung von Pflichtvorsorgen: Selbsterklärung durch Mitarbeiter?

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  • Hallo und guten Morgen,


    unsere Mitarbeiter mit Dienstreisen ins nicht EU Ausland müssen bei uns eine G35 machen lassen (Pflicht).


    Nun haben wir einen Mitarbeiter, der nur noch 1,5 Jahre im Unternehmen ist und dann in den Ruhestand geht.


    Da dieser einen sehr hohen Anteil an Dienstreisen (Asien/Russland kompl.) hat und gesundheitlich zudem auch regelmäßig zum Arzt muss, muss er eine G35, zumindest das Beratungsgespräch, machen.
    Dieses will er nicht...


    Frage: Kann ein Mitarbeiter eine Verzichtserklärung machen? Wie z.B. im Krankenhaus "auf eigene Gefahr" das Krankenhaus verlassen?


    Wie gesagt...der Mitarbeiter hat nur noch ca. ein Jahr...aber sollte etwas passieren möchten wir uns absichern.


    Gruß
    Marc

    Gruß aus Bad Zwischenahn
    Marc

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  • Moin,


    Ich verstehe die Pflichtuntersuchungen so :


    1. der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter zur Untersuchung schicken
    2. der Mitarbeiter muss zum Termin hingehen aber sich nicht untersuchen lassen


    damit ist der AG raus, da dann zukünftig der MA die Beweispflicht hat wenn etwas sein sollte.


    Gruß Michael

    Dein einen gab Gott den Mut Dinge zu verändern, den anderen die Kraft Dinge zu ertragen die Sie nicht ändern können und mir gab er die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden.

  • Moin Marc,


    der Beschäftigte ist nicht verpflichtet, an der Pflichtvorsorge teilzunehmen. In der Pflicht ist nur der Arbeitgeber, der die Pflichtvorsorge zu veranlassen hat. Was passiert dann?

    Zitat von §4 (2) ArbMedVV


    Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn der oder die Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilgenommen hat.

    Der nächste Schritt ist dann, dass der Arbeitgeber den Kollegen eben nicht mehr in Gebiete schickt, deren dortiger Aufenthalt eine Pflichtvorsorge nach Teil 4 (1) Ziffer 2 der ArbMedVV auslöst. Die Möglichkeit einer "Verzichtserklärung" und Weiterbeschäftigung wie bisher existiert nicht. Ihr könnt Euch nur insofern "absichern", dass Ihr den Kollegen mit diesen Tätigkeiten nicht mehr betraut. Das ist aber eigentlich kein Absuchern, sondern Eure gesetzliche Verpflichtung (sh. §4 (2) ArbMedVV.


    Sprecht mit dem Mitarbeiter. Er muss ja nichts weiteres machen, als zum Betriebsarzt zu gehen, ihm zu sagen, wer er ist und welche Tätigkeiten er ausübt, dann erhält er nach der Beratung die Vorsorgebescheinigung und alle sind zufrieden. Wahrscheinlich wird er dieses Gespräch eher bevorzugen als seine gewohnte Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können. Das müsst Ihr ihm nur klar machen, dass dieser Schritt die rechtlich verpflichtende Konsequenz aus der Nichtteilnahme an der Pflichtvorsorge ist.


    Beabsichtigt der Kollege natürlich bewusst, nicht auf Dienstreisen in diese Gebiete zu müssen, erreicht er mit der Nichtteilnahme sein Ziel. Dann müsst Ihr ihn anderweitig einsetzen.


    Gruß Frank


    P.S. Er muss übrigens nicht zwingend zum Betriebsarzt (vielleicht ist die Weigerung ja auch durch ein zwischenmenschliches Problem begründet). das dürfen auch Tropenmedizinier. Ach, die ArbMedVV ist einfach eine dolle Möhre. :D


    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Moin,


    ich habe mit der G 35 nix zu tun, deshalb halte ich mich da zurück. Ich habe aber die DGUV Information 240-350 gefunden, die Dir etwas Licht ins Dunkel bringen könnte. (Bin nur zu blöd zum Verlinken).


    Andererseits: Hat der Arbeitgeber nicht ein sog. Direktionsrecht, mit dem er seinen Mitarbeiter zu Vorsorge bestellen kann - und dem der Mitarbeiter Folge zu leisten hat?


    Gruß aus dem Norden


    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Ich verstehe die Pflichtuntersuchungen so :


    1. der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter zur Untersuchung schicken

    Moin Michael,


    fast korrekt. Der Arbeitgeber muss die Pflichtvorsorge veranlassen, d.h. er teilt ihm mit, wann aufgrund welcher Gefährdungen die Pflichtvorsorge durchgeführt werden soll.

    der Mitarbeiter muss zum Termin hingehen aber sich nicht untersuchen lassen

    Falsch. Der Mitarbeiter muss nicht zu dem Termin. Er kann die Vorsorge auch verweigern. Die Folgen kannst Du einen Beitrag vorher nachlesen.


    damit ist der AG raus,

    Korrekt, wenn der Arbeitgeber die Vorsorgebescheinigung in den Händen hält.


    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Hat der Arbeitgeber nicht ein sog. Direktionsrecht, mit dem er seinen Mitarbeiter zu Vorsorge bestellen kann

    Moin,


    der Arbeitgeber ist nach §4 (2) ArbMedVV verpflichtet, Vorsorge zu veranlassen. Da braucht es kein Direktionsrecht.

    und dem der Mitarbeiter Folge zu leisten hat?

    Nö, wie oben bereits beschrieben muss der Mitarbeiter nicht an der Pflichtvorsorge teilnehmen. Die daraus resultierenden Folgen sind oben bereits beschrieben.


    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Alles klar. Danke für eure Hinweise.


    Ich werden den Vorgesetzten darauf hinweisen, dass er seinen MA zum BA schicken muss, oder die die Tätigkeiten eingeschränkt werden müssen.

    Gruß aus Bad Zwischenahn
    Marc

  • Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

    Einmal editiert, zuletzt von AL_MTSA ()

  • Alles klar. Danke für eure Hinweise.


    Ich werden den Vorgesetzten darauf hinweisen, dass er seinen MA zum BA schicken muss, oder die die Tätigkeiten eingeschränkt werden müssen.

    das ist so nicht ganz korrekt.
    Wenn der MA sich nicht untersuchen bzw. impfen lassen möchte oder ähnliches und es liegt keine arbeitsvertragliche Verpflichtung vor, dann kann er seine Tätigkeit weiterhin ausüben. Es bestehen wohl keinerlei Verdachtsmomente dass er in früherer Zeit ungeeignet war. (Hier finden Sie ein ähnliches BSG Urteil über einen Feuerwehrmann, der ablehnte....)


    Insbesondere wenn es um tropische Regionen geht, ist hier eine gesundheitliche Eignung „sinnvoll“, wobei hier immer die Lücke der fehlenden Rechtsgrundlage zur medizinischen Untersuchung geschlossen werden muss.


    Natürlich können Sie den Beschäftigten unterschreiben lassen, dass er das Angebot erhalten und abgelehnt hat, was für den Unternehmer sicher ok ist. Würde der Beschäftigte sich bspw. Tropenfieber einhalten würde er trotzdem den gesamten Versicherungsschutz des gesetzlichen UVT, genießen......

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

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  • Hier möchte ich Guudsje (immer wieder gerne) und AL_MTSA Recht geben. Eine Unterschrift des Versicherten ist hier so überflüssig wie ein Kropf, da sie keinerlei Relevanz hat. Der AG muß das Angebot nachweisen können.


    Eine Anmerkung in eigener Sache: Solange hier diese unsägliche Diskrepanz zwischen dem Arbeitsschutzrecht und der Arbeitsmedizinischen Vorsorge existiert, halte ich mich aus komplizierten Überlegungen, wie ich diese in eigener Regie zusammenbringen könnte, komplett heraus. Im Falle eines Falles bin ich tatsächlich mal auf Einzelfallentscheidungen der Rechtssprechung gespannt.


    In diesem Sinne wünsche ich euch allen da draußen eine schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Und denkt daran: "Don't drink and böller!"


    In diesem Sinne
    Der Michiael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Alles klar. Danke für eure Hinweise.


    Ich werden den Vorgesetzten darauf hinweisen, dass er seinen MA zum BA schicken muss, oder die die Tätigkeiten eingeschränkt werden müssen.

    Hallo Marc,


    bitte nicht falsch verstehen. Es ist aller Ehren wert, dass Du Dich dieser Frage angenommen hast, aber bei Deinem Arbeitgeber läuft etwas verkehrt. Wir reden hier über eine Fragestellung der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Das ist originär das Spielfeld des Betriebsarztes. Leider erlebe ich es immer wieder, dass mir Kollegen aus anderen Betrieben erzählen, dass der Betriebsarzt die Vorsorgen macht und ALLES andere deckt die SiFa ab, die meist auch billiger ist als der Betriebsarzt.


    Wenn auf diesem Gebiet jemand Fachkompetenz haben sollte, dann ist es der Betriebsarzt. Dass es in der Realität leider oftmals anders aussieht (überbetriebliche Dienste), habe ich leider auch schon am eigenen Leib erfahren müssen.

    Wenn der MA sich nicht untersuchen bzw. impfen lassen möchte oder ähnliches und es liegt keine arbeitsvertragliche Verpflichtung vor, dann kann er seine Tätigkeit weiterhin ausüben

    @AL_MTSA das war nicht die Fragestellung. Natürlich muss sich der Beschäftigte weder untersuchen noch impfen lassen. Es ging um die Frage der Teilnahme an der Pflichtvorsorge, und wenn der Mitarbeiter diese ablehnt, ist das weitere Prozedere in der ArbMedVV eindeutig geregelt.


    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.