Teamleiter mit Personalverantwortung ohne Ernennung oder schriftlichen Nachweis

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  • Hallo Community, hallo Admins,


    ich wusste nicht, wo ich diese Frage einstellen soll, falls sie hier falsch ist, bitte in die entsprechende Rubrik verschieben, Danke!


    Ich habe einen Kunden, Matallbaubetrieb, ca. 350 Mitarbeiter. Im Rahmen einer Schulung haben wir uns über das Thema Teamleiter und Weisungsbefugnis
    unterhalten. Es hat sich herausgestellt, dass die Teamleiter in dem Betrieb z.T. ohne deren Wissen und ohne irgend eine schriftliche Notiz, Vertrag, Beauftragung oder ähnliches
    zu Teamleitern gemacht worden sind.


    Diese haben bis zu 20 Mitarbeiter in ihren Teams, für die sie in verschiedener Hinsicht verantwortlich sind. Speziell zum Thema Arbeitssicherheit, Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen sowie Umsetzen und Einhalten von Vorgaben, die sie während einer Schulung bei der BGHM erhalten haben, gehen die Meinungen sehr weit auseinander.


    Die meisten haben das Schriftstück der BG, welches sie zur Umsetzung der Anweisungen bzw. Aufgaben verpflichtet, gar nicht unterschrieben.


    Meine Frage hierzu ist nun:
    wie sieht das von der rechtlichen Seite her aus? Haben diese nicht schriftlich bestallten Teamleiter eine Weisungsbefugnis? Haben sie eine Verpflichtung hinsichtlich der Überwachung der Arbeitssicherheit ihrer Mitarbeiter? Können sie bei Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter belangt werden, wenn sie nichts unternommen haben, weil sie ja offiziell eigentlich nur normale Mitarbeiter sind? Kennt jemand so einen Fall und wie ist dort dann verfahren worden?


    Die zuständige FaSi, mein Ansprechpartner, ist ratlos was das Thema betrifft und die "Teamleiter" wissen nicht, wie sie sich richtig verhalten sollen in diesem Fall.


    Könnt ihr mir irgendeine Fundstelle nennen, wo das Thema festgezurrt ist? Am liebsten wäre mir eine Aussage, dass solche Mitarbeiter schriftlich zu ernennen sind, oder vertraglich, wie auch immer, und das dieses dann den anderen Mitarbeitern bekannt gegeben wird.


    Ich bin gespannt auf eure Antworten.


    Schönen Abend und beste Grüße
    Willy E. Coyote

    ....wer früher stirbt ist länger tot....

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  • Wenn sie für Mitarbeiter verantwortlich sind, dürften sie auch Weisungsbefugnis besitzen. Pflichtenübertragung in Schriftform wäre für beide Seiten sinnvoll, denn dann ist klar geregelt, wer für was zuständig ist. Aber auch ein mündlicher Vertrag ist bindend, nur der Nachweis wird eben erschwert. Durch betriebliche Praxis kann allerdings in einigen Fällen durchaus der Nachweis erbracht werden. Da könnte man z.B. nachfragen, wer genehmigt den Urlaub der Mitarbeiter? Wer teilt ihnen Aufgaben zu? Ist das der Teamleiter, hat man schon ein Indiz für Führungsaufgaben. Auch nett wäre ein Blick auf den Gehaltszettel vor und nach der mündlichen Ernennung. Wenn die Teamleiter raus wollen aus ihrer Verantwortung hilft meiner Meinung nach nur die schriftliche Ablehnung dieser Aufgaben gegenüber ihrem Arbeitgeber, ansonsten sehe ich immer die Gefahr, dass hier mündlich die Aufgaben übertragen wurden und dann durch die betriebliche Praxis der Nachweis erbracht wird, dass sie die Aufgaben auch besitzen. Die Schulung durch die BG ist ein weiteres Indiz.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Trotz aller Rechtsdiskussionen bleibt diese Thematik auch ein Stück weit philosophisch. Dies kann man an den unterschiedlichsten Urteilen zu diesem Thema ablesen und ist sehr schön der BGI 508 zu entnehmen:


    "[...] In Einzelfällen erübrigt sich allerdings eine Pflichtenübertragung auf bestimmte Personen, soweit diese nämlich bereits aus einem anderen Rechtsgrund eigenständige Pflichten auf dem Gebiet der Unfallverhütung haben. Dies trifft insbesondere auf Personen zu, die vom Unternehmer beauftragt sind, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, z.B. Betriebsleiter, Direktoren, Prokuristen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Darüber hinaus gilt dies auch für andere betriebliche Führungskräfte und Vorgesetzte, z.B. Meister. Denn die Verantwortung dieser Personen, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und damit für die Gefahrenabwehr in ihrem Bereich zu sorgen, ergibt sich bereits im wesentlichen aus den ihnen durch den Arbeitsvertrag übertragenen Aufgaben, also aus der Stellung, die sie im Betrieb einnehmen. Einer gesonderten Übertragung dieser mit der Stellung des Vorgesetzten ohnehin verbundenen Pflichten bedarf es nicht. Eine gesonderte Pflichtenübertragung kann sich in diesen Fällen nur auf solche Unternehmerpflichten beziehen, die über den diesen Personen ohnehin obliegenden
    Pflichtenkreis hinausgehen. [...]“


    In diesem Sinne
    Der Michael


    PS: ...und Willy, das Personen ohne deren Wissen zu Teamleitern gemacht wurden, kann ich mir in der Tat nur sehr schwer vorstellen...

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Mit dem Thema beschäftigte ich mich gerade ebenfalls.
    Was mir echt geholfen hat ist das Merkblatt A006 und A006-01 der BG RCI. Darin geht es um Verantwortung im AS. Rechte, Pflichten etc.


    Ich habe auch so einen Fall. In den Arbeitsverträgen des Führungspersonals steht im übertragenen Sinne drin: "Der Teamleiter/Abteilungsleiter/Gruppenleiter (je nach Ebene) hat die Regelungen zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz in seinem Bereich zu beachten und umzusetzten." Also quasi nichts.
    Es gibt kein Schriftstück in der es heißt: Der AbtLtr unterschreibt Gefährdungsberuetilungen, führt Unterweisungen durch etc.
    Das ist alles recht Wachsweich. Ich habe am Anfang meiner Tätigkeit geraten das "rechtssicher" zu machen. Der Chef sagt, das reicht. Ich sage... kommt es zu einem Vorfall und zu einer Prüfung fällt alles was nicht explizit geregelt ist, auf den Chef zurück. Er geht das Risiko ein.


    in deinem speziellen Fall würde ich sagen, das trifft ebenfalls zu. Keine Unterschrift, keine Kenntniss der Pflichten. Keine Kenntniss der Pflichten --> Chef ist schuld. Als Nachweis muss hier dann die Unterschrift dienen.
    Ich habe einige Unternehmen da weigern sich die Teamleiter solche Übertragungen zu unterschreiben. Dort sieht es meist aus wie Sau und die Teamleiter haben keine Möglichkeit was zu ändern, weil sie weder Zeit, noch Geld, noch Verständnis dafür bekommen Arbeits- und Gesundheitsschutz durchzuführen.


    Ich würde an deiner Stelle mal bei der BG anrufen und die zu dem Thema befragen.


    Das mit dem Mündlichen Vertrag sehe ich aber anders als AxelS.
    Im ArbSchG §13 Abs. 2 und DGUV V1 §13 ist ganz klar geregelt, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten SCHRIFTLICH zu erfolgen hat.
    https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__13.html



    Mike

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    Irgendwann gehe ich zur BG und lasse mir den Arbeitsschutz als Berufskrankheit anerkennen...


    Wisst ihr was das Schlimmste ist? Wenn nicht.. .klickt hier ....


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    Mike

  • Da schaut mal.
    Das habe ich gerade dazu gefunden.
    https://www.vdtuev.de/produkt-…w?oid=486124&vater=492200

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    Mike

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  • Hallo @Axel, @Michael, @Mike


    danke schon mal für eure Antworten, Hinweise und Anregungen. Ich werde mal aus den angegebenen Schriften die entsprechende Passi raussuchen und meiner Kontaktperson zur Information vorlegen.


    PS: ...und Willy, das Personen ohne deren Wissen zu Teamleitern gemacht wurden, kann ich mir in der Tat nur sehr schwer vorstellen...

    @ MIchael. für diese Aussage kann ich die Hand ins Feuer legen. Der MA hat als einfacher Metaller angefangen und wurde nach der Umstrukturierung des Betriebes aus dem OFF praktisch Teamleiter. Freitag noch Metaller wie alle anderen, Montag wurde er reingerufen und ihm wurde gesagt, du machst ab heute Teamleiter. So sind 3 Mann auf der Position, die sie auf diese Weise geerbt haben.

    Ich habe einige Unternehmen da weigern sich die Teamleiter solche Übertragungen zu unterschreiben. Dort sieht es meist aus wie Sau und die Teamleiter haben keine Möglichkeit was zu ändern, weil sie weder Zeit, noch Geld, noch Verständnis dafür bekommen Arbeits- und Gesundheitsschutz durchzuführen.

    Das kann ich so 1:1 unterschreiben, Mike, genauso in diesem Fall.


    Mal sehen, wie die Reaktion ausfällt und ob ich überhaupt Rückmeldung bekomme.


    Euch ein schönes Wochenende


    Gruß Willy E.

    ....wer früher stirbt ist länger tot....

  • Caribe,


    alles was Recht ist, aber aber wenn mir jemand sagt: "Du machst ab heute Teamleiter." dann weiss ich doch Bescheid, oder?


    ...ob ich damit einverstanden bin steht allerdings wieder auf einem anderen Blatt... ;)


    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)


  • "Du machst ab heute Teamleiter." dann weiss ich doch Bescheid, oder?

    Ähhhh... NEIN.


    Welche Verantwortung hat denn der Teamleiter? Welche Mittel hat er (Also sowohl disziplinarisch als auch monetär um seine Aufgaben durchzusetzen)? Was sind die Grenzen seiner Stelle? Wer ist sein Vorgesetzter? Welche Pflichten, also sowohl fachlich als auch auf den Randgebieten wie z.B. dem Arbeitsschutz, hat der Teamleiter wahr zu nehmen?


    Ich habe GENAU den Fall vor drei Wochen erlebt. Die GF hat kurzerhand vier Mann zum Teamleiter erklärt. Stellenbeschreibung gabs nicht. Bisher gabs die Stellen auch nicht. Was sollen sie jetzt tun? In welcher Verantwortung stehen sie? Die haben jetzt plötzlich neue Verpflichtungen von denen sie ÜBERHAUPT nichts wissen und wissen können. Das sind ungelernte, jedoch schon lange im Betrieb. Ohne eine Gesellen- geschweige denn Meisterausbildung (wo man so Aufgaben teilweise mitbekommt). Ich hab denen unter vier Augen erstmal erklärt wo sie jetzt in ihrer Vorgesetzenfunktion in der Verantwortungsmatrix stehen und was sie jetzt machen sollen (Kontrolle PSA, Kontrolle sicheres arbeiten, etc. etc.) und was ihnen passiert, wenn sie sich nicht entsprechend verhalten (Vorgesetzenverantwortung!!!).


    Nicht umsonst steht im Gesetz SCHRIFTLICH!
    Mike

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    Irgendwann gehe ich zur BG und lasse mir den Arbeitsschutz als Berufskrankheit anerkennen...


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    Mike

  • Welche Verantwortung hat denn der Teamleiter? Welche Mittel hat er (Also sowohl disziplinarisch als auch monetär um seine Aufgaben durchzusetzen)? Was sind die Grenzen seiner Stelle? Wer ist sein Vorgesetzter? Welche Pflichten, also sowohl fachlich als auch auf den Randgebieten wie z.B. dem Arbeitsschutz, hat der Teamleiter wahr zu nehmen?

    Klar sollten diese Fragen geregelt sein. In der Praxis erfolgt die Regelung oft durch das gelebte System.
    Ein Blick in §15 ArbSchG dürfte so manchem "einfachen Mitarbeiter" auch ein wenig die Augen öffnen, denn dort wird deren Verantwortlichkeit durchaus gesetzlich vorgegeben.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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