CMR-Stoffe

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  • Hallo Kollegen,


    bei uns in der Firma soll für ein neues Projekt Klebearbeiten in einem Reinraum durchgeführt werden. Der vom Kunden vorgegebene Kleber (besser: Schraubensicherung) steht laut SDB unter Verdacht krebserregend zu sein.
    Eine Sussimtion ist nicht möglich, da in der Raumfahrt nur dieser Stoff auf Grund seiner Eigenschaften im Vakuum verwendet werden darf.
    Die bisher bei uns verwendeten Gefahrstoffe waren alle nicht-CMR-Stoffe. Eine Gefahrstoffliste sowie eine Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe habe ich jeweils durchgeführt. Ich weiß, das für CMR-Stoffe aber wesentlich mehr als nur eine Gefährdungsbeurteilung verlangt wird. Was muss ich als Sicherheitsfachkraft beachten? Welche Dokumente sind zu erstellen? Gibt es behördliche Vorgaben? Für Hilfe bin ich dankbar.


    LG von der Ostseeküste

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  • Fast alle Vorgaben für CMR Stoffe beziehen sich auf Kat. 1 Stoffe. Als Verdachtsstoff bist Du in Kat. 2 und somit greifen die Vorgaben nicht. Trotzdem sollte man natürlich das STOP Prinzip durchführen. S geht ja schon mal nicht, dann eben T => technisch einen Kontakt weitgehend ausschließen. Da stellt sich auch die Frage, was ist denn der Auslöser für die Einstufung? Ist es eine Komponente die flüchtig ist oder eine nicht flüchtige Komponente? Dementsprechend müssen dann die Maßnahmen ergriffen werden. Auch der Mengenbereich mit dem umgegangen wird, wäre interessant.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Hi,


    der Stoff hat folgende Einstufung: H317 (Kann alergische Hautreaktionen verursachen), H330 (Lebensgefahr beim Einatmen), H334 (kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen), H334 (kann vermutlich Krebs erzeugen).
    Ich kann mich noch dunkel an meine FASI-Ausbildung erinnern, das jede Tätigkeit mit einem CMR-Stoff zu protokollieren ist und diese Protokolle für einen sehr langen Zeitraum aufzubewahren sind für den Fall, der späteren Erkrankung eines Mitarbeiters. Müssen wir uns als Firma registrieren lassen, wenn wir CMR-Stoffe verwenden?

  • Was sagt denn das Sicherheitsdatenblatt? Ist der Stoff/das Produkt als carc. 1A, 1B oder 2 eingestuft?

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hi,


    der Stoff hat folgende Einstufung: H317 (Kann alergische Hautreaktionen verursachen), H330 (Lebensgefahr beim Einatmen), H334 (kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen), H334 (kann vermutlich Krebs erzeugen).
    Ich kann mich noch dunkel an meine FASI-Ausbildung erinnern, das jede Tätigkeit mit einem CMR-Stoff zu protokollieren ist und diese Protokolle für einen sehr langen Zeitraum aufzubewahren sind für den Fall, der späteren Erkrankung eines Mitarbeiters. Müssen wir uns als Firma registrieren lassen, wenn wir CMR-Stoffe verwenden?

    Du hast dich vermutlich beim H-Satz vertan. Das müsste H 351 sein (kann vermutlich Krebs erzeugen) Das wäre dann ein Carc 2 Stoff.
    Als Firma müsst ihr euch nicht registrieren lassen.


    Mit den Tätigkeitsprotokollen beim Umgang mit CMR Stoffen meinst du vermutlich das Expositionsverzeichnis nach §14 der Gefahrstoffverordnung, der § greift nur bei Stoffen der Kategorie 1A und 1B. Wenn dein Kleber in Kategorie 2 bist, bist du da raus.


    Ansonsten hat Axel ja auch schon Hinweise gegeben.


    Grüße
    awen

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    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • Schau mal in Kapitel 3 des SDB, welcher Inhaltsstoff den H351 trägt, welcher H334 und welcher H330, dann werden wir weiter sehen, was hier sinnvoll sein könnte. Zusätzlich ist noch die Umgangsmenge relevant.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Vielen Dank für eure konstruktiven Einwände,
    als gefährlicher Inhaltsstoff ist m-Tolylidendiisocyanat ausgewiesen. Für das Arbeiten mit Isocyanaten ist eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben (G27), mit dem Betriebsarzt habe ich schon Kontakt gesucht.
    Der Stoff an sich ist in der Karzinogenität in der Kategorie 2 eingestuft.
    Die verwendete Menge bewegt sich im mg-Bereich. Schrauben werden damit bepinselt und anschließend in ein entsprechendes Gewinde gedreht.

  • Bei der Menge dürfte kaum eine AGW Überschreitung möglich sein. Der Stoff ist wenig flüchtig. Hautkontakt sollte vermieden werden, aber da gehe ich davon aus, dass aus Produktschutzgründen schon Maßnahmen ergriffen werden.
    Klingt für mich nach einer Schraubensicherung, welche mit Polyurethan verwandt sein könnte.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • ......
    als gefährlicher Inhaltsstoff ist m-Tolylidendiisocyanat ausgewiesen. Für das Arbeiten mit Isocyanaten ist eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben (G27), mit dem Betriebsarzt habe ich schon Kontakt gesucht.
    Der Stoff an sich ist in der Karzinogenität in der Kategorie 2 eingestuft.
    Die verwendete Menge bewegt sich im mg-Bereich. Schrauben werden damit bepinselt und anschließend in ein entsprechendes Gewinde gedreht.

    Der Kleber wird doch nicht nur aus dem Isocyanat bestehen. Ist denn der gesamte Kleber auch als Carc. 2 eingestuft?


    Eine Pflichtvorsorge ist nur dann vorgeschrieben bei: Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Isocyanaten, bei denen ein regelmäßiger Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden kann oder eine Luftkonzentration von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter überschritten wird.


    Den Hautkontakt kannst du durch Schutzmaßnahmen ausschließen.
    Wie du bei der Gefährdungsbeurteilung am besten vorgehst und eventuell die inhalative Belastung ermittelst kannst du der TRGS 430 entnehmen, die allerding schon Uralt ist. Welche gesamtmenge/Tag des Klebers verbraucht ihr denn?


    Die BG Bau hat mal Untersuchungen durchgeführt mit Isocyanathaltigen Klebern bei Bodenverlegearbeiten, d.h. die Mitarbeiter hatten die Nase über dem Kleber. Bei den Messungen wurden keine Grenzwertüberschreitungen festgestellt.


    Grüße
    awen


    P.S Sollte dein Betriebsarzt noch mit G-Untersuchungen um sich werfen solltest du ihn darauf hinweisen, das die sogenannten „DGUV-Grundsätze" Empfehlungen sind für den Arzt zum Umfang einer Untersuchung. G-Grundsätze allein sind keine Rechtsgrundlage für Untersuchungen und begründen weder für den Arzt noch für den Arbeitgeber oder die Beschäftigten Pflichten.

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • Ich knüpfe hier mal an. Auch wir haben CMR Stoffe / Diioscyanate im Einsatz, Kompenente A (Fass rot) enthält:


    Diphenylmethandiisocyanat, isomeren und homologen

    CAS: 9016-87-9

    und

    4,4'-Methylendiphenyldiisocyanat

    CAS: 101-68-8


    Instapak Bild.PNG


    Kompenente B ist auch ein Gefahrstoff aber nicht so Risikoreich. Aus den beiden entsteht PU Schaum.


    Wie behandel ich die Kompenenten?

    Zwei Fässer stehen wie auf dem Bild zu sehen direkt an der Maschine (geschlossenes System oder aktive Lagerung?).

    zwei volle Fässer lagern passiv und dienen als Vorrat, müssten diese in einen Gefahrstoffraum? Diese sind fest verschlossen.


    Wir werden die Auffangwanne demnächst umranden / umhäusen, gibt es hier Erfahrungen? Macht das Sinn?


    Nun die kniffligen Fragen, zum Thema handling.

    Das SDB der Komponente A rät davon ab Personen mit Asthma die Fässer wechseln zulassen, auch nicht mit FFP3 Schutzmaßken und Handschutz, lese ich das richtig heraus?

    Ein eigenes Umschütten von Kompenente A (Restinhalt) in das andere halb leere Kompenenten A Fass kann man ohne weiteres gar nicht machen, mal so kurz auf "komm, wir schütten das um"?!

    Wie könnte ein Fasswechsel aussehen? Fassgreifer (noch nicht vorhanden), Komponente auf Gebinde (Palette anliefern lassen und mit Palette mit der Ameise direkt auf die Auffangwanne stellen?)

    Thema MuSchG und JarbSchG?

    Thema Vorsorgeuntersuchung?


    Ich habe mich soweit es geht über die Isocyanate informiert.

    Ergebnis für mich, blos niemals mit Wasser oder Alkohol in Berührung kommen, kein Hautkontakt, Atemschutzmaske beim wechseln der Fässer anlegen, Schutzbrille beim wechseln anziehen.


    Könnt Ihr mir eure Erfahrungen und den Umgang mit Isocyanaten / CMR Stoffen Schildern? Habt Ihr bedenken bzw. Tipps wie ich die Arbeitssicherheit hier verbessern kann?


    Vielen Dank im Voraus

    LAGERREGAL :52:

  • Zwei Fässer stehen wie auf dem Bild zu sehen direkt an der Maschine (geschlossenes System oder aktive Lagerung?).

    => im Arbeitsgang befindlich, somit keine Lagerung.

    zwei volle Fässer lagern passiv und dienen als Vorrat, müssten diese in einen Gefahrstoffraum? Diese sind fest verschlossen.

    => wenn nicht innerhalb der Schicht benötigt, ist es Lagerung, ansonsten Bereitstellung zur baldigen Verwendung.

    Das SDB der Komponente A rät davon ab Personen mit Asthma die Fässer wechseln zulassen, auch nicht mit FFP3 Schutzmaßken und Handschutz, lese ich das richtig heraus?

    Atemwegsensibilisierender Stoff, daher die Vorgaben. Schutzmaßnahmen gelten aber auch für nicht Asthmatiker. FFP Masken sind gegen Stäube, hier dürften aber Dämpfe vorligen, daher sind FFP Masken hier ungeeignet.

    Die Komponente A ist Verdachtsstoff auf CMR, also Kategorie 2.

    Ein eigenes Umschütten von Kompenente A (Restinhalt) in das andere halb leere Kompenenten A Fass kann man ohne weiteres gar nicht machen, mal so kurz auf "komm, wir schütten das um"?!

    Umschütten sollte in der Regel unterbleiben. Wofür sind wohl die "Drum Wedge" bezeichneten Keile? Die sollen unter das jeweilige Fass, damit dieses so weit als möglich restentleert werden dann. Was dann noch als Rest im Fass bleibt, sollte auch dort bleiben. Umschütten ist von der Exposition her gesehen immer kritisch und von der Produktqualität ebenso. Wenn dann noch die Fässer verwechselt werden, geht es richtig ab.

    Ergebnis für mich, blos niemals mit Wasser oder Alkohol in Berührung kommen

    Warum nicht?

    Wie könnte ein Fasswechsel aussehen? Fassgreifer (noch nicht vorhanden), Komponente auf Gebinde (Palette anliefern lassen und mit Palette mit der Ameise direkt auf die Auffangwanne stellen?)

    Ich hätte jetzt geschätzt, das wird so angeliefert, inklusive Auffangwanne. Ansonsten würde ich mit einem geeigneten Fassgreifer die Fässer von der Auffangwanne heben.

    Umbauen der Auffangwanne halte ich für wenig sinnvoll.

    Thema MuSchG und JarbSchG?

    Thema Vorsorgeuntersuchung?

    Infos findest Du im entsprechenden Gesetz einfach mal durchlesen und mit der Einstufung bzw. den H-Sätzen der Produkte vergleichen.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

    Einmal editiert, zuletzt von AxelS ()

  • Nach meiner Recherche reagieren die Isocyanate mit Wasser und auch Alkohlen. Sprich, wenn ein Mitarbeiter/in auf die Idee kommt den Fassdeckel oder verschmutzungen am Fass / den Pumpen mit einem Wassergetränkten Tuch zu reinigen Gasen die Isocyanate aus.


    Eine extreme Doku gibt es hierzu auf Youtube

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    , ja das sind andere Mengen aber es war die Reaktion mit Wasser (Druckaufbau) die es verursacht hatte.

    LAGERREGAL :52:

    Einmal editiert, zuletzt von Lagermeister ()

  • Wenn Kontakt mit Wasser kritisch wäre, müsste dies im SDB entsprechen erwähnt werden.

    GESTIS ist zu entnehmen:

    Löslich unter Hydrolyse in Wasser.

    Schwerer als Wasser.

    Setzt sich mit Wasser an der Grenzfläche unter Bildung von Kohlendioxid zu einem festen, hochschmelzenden und unlöslichen Reaktionsprodukt (Polyharnstoff) um. Diese Reaktion wird durch grenzflächenaktive Substanzen oder wasserlösliche Lösemittel stark gefördert.


    und

    Sammlung von Kleinmengen:

    Die Vernichtung von Isocyanaten kann durch gezielte Umsetung zu Polyurethan erfolgen.

    Alternativ:

    Umsetzung mit Vernichterlösung, hierzu wird das Isocyanat langsam unter Rühren in einen Überschuß von Vernichterlösung I oder II gegeben. Nach ca. 48 Stunden ist die Umsetzung zu in Wasser unlöslichem Polyharnstoff abgeschlossen.

    Vernichterlösungen:

    Lösung I

    Wasser 90-95 Gew %, Ammoniak conc. 3-8 Gew %, flüssiges Netzmittel 0,2-0,5 Gew %

    Lösung II

    Wasser 90-95 Gew %, Soda 5-10 Gew %, flüssiges Netzmittel 0,2-0,5 Gew.%

    Lösung III

    Industriealkohol (Ethanol, Isopropanol, Butanol) 50 Gew %, Wasser 45 Gew%, Ammoniak conc. 5 Gew %

    Lösung III ist besonders zum Reinigen von Maschinen und Werkzeugen geeignet (brennbar!), Lösung I oder II speziell zum Vernichten von Isocyanatresten. Als Netzmittel sind Haushaltsspülmittel geeignet.

    In Sammelbehälter für halogenfreie organische Lösemittel und Lösungen halogenfreier organischer Stoffe geben.

    Sammelgefäße sind deutlich mit der systematischen Bezeichnung ihres Inhaltes zu beschriften. Gefäße an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren. Der zuständigen Stelle zur Abfallbeseitigung übergeben.

    Restentleerte Isocyanatfässer werden mit Vernichterlösung I oder II behandelt, z.B. durch Rollen der Fässer. Nach Beendigung des Vorganges ist das Faß zu öffnen. Die Menge der Vernichterlösung muß mindestens der Restmenge Isocyanat entsprechen.

    Die anderweitige Verwendung ungereinigter leerer Isocyanatfässer ist wegen der noch enthaltenen Restmengen und damit verbundenen Gefahren nicht zulässig.

    => Wasser mit noch einigen weiteren Komponenten führt zur Aushärtung des Produktes, damit wird es inaktiviert. Bei diesem Vorgang kann CO2 freigesetzt werden, was ja bei aufgeschäumtem Polyurethan durchaus gewünscht ist, denn das ist das "Schaummittel".

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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