Fluchtfenster statt nebenliegende Fluchttüre!

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  • Hallo Brandschützer,
    hab ich doch in meinem zweiten Betrieb eine Konstellation eines Fluchtweges entdeckt:


    Am Tag kann die Türe von der Kantine als Zugang zum Sitzplatz und der Raucherecke geöffnet werden. Angeblich wurde das Fluchtfenster durch die Feuerwehr genehmigt, da die Türe in der Nachtschicht fest verschlossen werden müsse, um "Matreialwanderungen" zu verhindern. Diese Türe stellt den einzigen ebenerdigen Fluchtweg aus Kantine, Küche, Lager und Sozialräumen im Kellergeschoss dar und ist meiner Meinung der erste Fluchtweg. Hier sind laut ASR A2.3 nur Türen und Tore erlaubt. Der zweite Fluchtweg wäre die Treppe ins Erdgeschoss und dann ins Freie.


    Ich kann mir nicht vorstellen das ein Fluchtfenster ohne Aufstiegshilfe im Keller als Fluchtweg geeignet wäre, da es keine Steighilfen zum Fenster und auf der Aussenseite vorhanden sind (ASR A2.3 - Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan, 4. Allgemeins (6) )
    Was ist eure Meinung dazu?


    Gruß Frank

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  • Erst mal so laut Bild ok für mich(wenn Blumentöpfe und Brett weg wären) aaaaber: Wenn das Fenster nicht verschlossen wird, wie sieht es dann mit deiner Materialwanderung aus ?
    Außerdem wäre die Tür entsprechend Abends gesichert( z.B. ne Dorma-Anlage) die erste Wahl. Kenn ich aus anderen Firmen. Im Regelbetrieb die Dorma ausgeschaltet.Zum Feierabend Signalgeber scharf. Eine solche Maßnahme wäre hier wirklich nicht kostspielig.
    Gruß Martin

  • Hi,


    der erste Fluchtweg aus dem Kellergeschoss kann durch das Gebäude nach oben führen und der zweite auf anderen Wegen direkt ins Freie. Es ist gar nicht so unüblich in solchen Fällen den ersten baulichen Fluchtweg durch das Gebäude zu legen. Die Aussage zum ersten Fluchtweg kann stimmen. Ggf. ist ein Blick in die Genehmigungsunterlagen erforderlich. Und ein Blick auf die behördlichen Zuständigkeiten, ob die örtliche Feuerwehr wirklich die zuständige Stelle ist und Genehmigungen zur Fluchtwegführung erteilen darf.


    In Bayern darf z.B. das Fenster gemäß Bayrischer Bauordnung nicht höher als 1,20 m über der Fußbodenoberkante angeordnet sein. Gemäß ArbStättV müssen sich alle Arbeitnehmer selbstständig in Sicherheit bringen können. Das Fenster muss dazu mind. 090 m breit und 1,20 m hoch sein. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist festzulegen, ob eine Aufstiegshilfe erforderlich ist oder nicht. Wenn z.B. im Rahmen einer Räumungsübung festgestellt wird, dass alle das Fenster ohne Aufstiegshilfe problemlos nutzen können, dann ist auch keine Aufstiegshilfe erforderlich.


    Im Bereich der Fluchtwegführung sind mir schon alle möglichen und unmöglichen Dinge begegnet, insofern halte ich es zumindest für möglich, dass die Fluchtwegführung tatsächlich so geplant und genehmigt wurde. Allerdings kann ich die Argumentation nicht nachvollziehen, da es aus meiner Sicht die Materialwanderungen neben der Tür auch genau so gut durchs Fenster geben kann.


    schöne Grüße

  • Angeblich wurde das Fluchtfenster durch die Feuerwehr genehmigt

    Da würde ich gleich mal nach dem entsprechenden Schriftstück fragen. Sollte dann als Antwort kommen, dass die Genehmigung mündlich erteilt wurde wäre für mich klar, was da los ist.
    Anscheinend wird hier der Schutz vor materiellen Schäden höher angesehen, als der Schutz von Menschenleben. Unsere Rechtsordnung sieht hier allerdings die Prioritäten deutlich anders verteilt an.
    Wo rennt ein Mensch hin, wenn er von Feuer und Rauch bedroht ist? Doch nicht zum Fenster, wenn daneben eine Tür vorhanden ist.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Hallo,

    durch die Feuerwehr genehmigt,

    das würde ich mir schriftlich zeigen lassen, auch im Hinblick
    ob die Fw. dieses überhaupt genehmigen darf. Da habe ich
    so meine Zweifel.

    "Matreialwanderungen"

    Halte ich jetzt für kein Argument. Materialwanderungen
    können auch über ein Fenster oder über andere Wege erfolgen. Wer
    sowas unterbinden möchte, der sollte es mit anderen Maßnahmen (Kamera-
    überwachung etc.) versuchen und nicht den Brandschutz dafür missbrauchen.


    Letztlich würde ich zur Tür raten, dann braucht man sich hinsichtlich
    Fenster (Größe, Ausstiegshilfen etc.) gar keine Gedanken machen.
    Damit die Tür in den Abend-/Nachtstunden gesichert ist, kann man zu
    einem Türwächter greifen und die Sache ist erledigt. Ich würde dem
    Verschluss der Tür und dem Verweis auf das Fenster, auch eine gewisse
    Gefahr unterstellen. Im Brandfall werden viele Mitarbeiter/ Besucher etc.
    sicherlich erst die Tür ansteuern. Ein Verschluss kann hier, wenngleich auch
    eine Kennzeichnung für das Fenster vorhanden ist, unnötig zu einem
    Fehlverhalten (z.B. Panik, Suchen nach einer anderen Tür etc.) führen.
    Zumal die Kennzeichnung hier auch von Laien missverstanden werden kann.
    Möchte man diesen Weg beibehalten, sollte man bei der Kennzeichnung
    nachbessern.


    Gruß
    SImon Schmeisser

    Durch einen guten vorbeugenden Brandschutz und entsprechende Brandschutzaufklärung kann davon ausgegangen werden, dass mehr Menschenleben und Sachwerte bewahrt werden können, als durch alle Einsatzleistungen und Bemühungen im Ernstfall zusammen. Simon Schmeisser These "VB-ein Weg aus der Feuerwehrkrise" Fachzeitschrift Feuerwehr 2010

    Einmal editiert, zuletzt von SimonSchmeisser ()

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  • Nach langem Hin und Her hatte es sich tatsächlich gelöst. Die Türe wurde mit einem Panikschloss versehen. Die Türe ist von aussen nicht mit einfachen Mitteln blockierbar (F90-Keil) und mit einem elektronischen Schloss versehen, das entsprechen programmiert wurde. Es kann nur von der Feuerwehr 24/7 geöffnet werden.


    Gruß Frank

    Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden;
    es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun. (Johann Wolfgang von Goethe)