Beinaheunfälle

ANZEIGE
Werbung auf Sifaboard
  • Hallo Leutz,


    das Thema Beinaheunfälle liegt mir schon etwas länger auf der Leber.


    Wir, bzw. die Vorgesetzten und MA's auf Arbeit versuchen bereits schon länger dieses BU-Meldesystem,
    aber ich Check den Sinn nicht so ganz dahinter!


    In den seltensten Fällen sind die gemeldeten echt aktuelle Szenen! Die meisten werden gestellt, Bsp.:
    mal schnell die Kabeltrommel abgerollt, "ach mein Gott - Stolperfalle!"


    Was haltet Ihr davon? Wie verhält sich das bei Euch?


    Beste Greetings ausm Bavaria


    Jürgen


    "Just do it" - FaSi

  • ANZEIGE
  • Hallo Jürgen,


    wenn ich das so lese, scheint es eher um die Quote als um die Minimierung von Arbeitsunfällen durch die Analyse von Beinaheunfällen zu gehen.


    Ich sehe gerade zwei Faktoren (Es gibt mehr).
    Zum einen ist es wichtig, dass die Vorgesetzten das Thema auch wichtig finden, wenn nicht, kannst Du die Angelegenheit vergessen. Und, dass ein echter Beinaheunfall auch analysiert wird und auch mit den Kollegen thematisiert wird und nicht in einer Akte verschwindet.


    Zum anderen ist der echte Beinahunfall den Kollegen manchmal unangenehm, peinlich. Wenn ich unkonzentriert zum stolpern komme und dann fast in die Grube falle, denke ich "hoffentlich hat das jetzt keiner gesehen!" und eben nicht, dass ich das jetzt melden sollte und dann offen über die GEfahren gesprochen wird und dass es gut ist, wenn die Mitarbeiter darüber offen und ehrlich sprechen. Wenn ein klarer, für alle ersichtlicher Verstoß vorliegt (Stolperkante etc.), dann wird das gerne gemeldet.


    Daher ist wie immer eine Desensibilisierung und Offenheit aller Beteiligten gefragt.


    In den Unternehmen, in denen ich als "normaler" MA bisher gearbeitet habe, war der Umgang überhaupt nicht offen, hauptache es geht schnell und die Zahlen stimmen.


    Gruß


    Anton

  • Hallo Jürgen,


    der Sinn ist schlicht und ergreifend Prävention und die Mitarbeiter zu sensibilisieren damit sie beinahe Unfälle, und was aus meiner Sicht noch viel wichtiger ist, kritische Situationen nicht mehr als "Gott gegeben" hinnehmen.
    Am Anfang kamen bei uns auch einige merkwürdige Dinge zu Tage aber nach einer Zeit, wenn die MA merken, dass dieses Thema auch von den Bearbeitenden Ernst genommen wird, kam plötzlich auch viel Sinnvolles. Zum Beisp.: zwischen den Regalen beinahe mit dem Stapler kollidiert (Spiegel montiert), defekter Deckel an einer Steckdose (reparieren lassen), eine nach einer Reparatur nicht wieder angebrachte Schutzeinrichtung, etc...
    Und wenn diese Sachen zügig erledigt werden, werden daraus auch keine kritischen Situationen oder Beinaheunfälle.

    Grüße aus dem Bergischen Land


    Michael

  • Moin,


    eine Statistik dazu bringt doch nix.


    Viel wichtiger ist das Verstehen. Die Stolperfalle ist lokal. Auch lokal gemacht. Wichtig ist dann, dass die MA das sehen + begreifen. Sensibel sollen die sein. Dann achten sie darauf und dann achten sie auch aufeinander! Und, dann haben sie es kapiert.


    Eine Statistik lebt nicht. Hier schaut man (vielleicht) rein. Und dann?


    Ist es wichtig wenig Beinaheunfälle zu haben? Nein. Wichtiger wäre es, keinen Unfall zu haben. Dazu braucht es aktive Vorarbeit. Verständnis und offene Augen.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo Jürgen,


    der Sinn ist schlicht und ergreifend Prävention und die Mitarbeiter zu sensibilisieren damit sie beinahe Unfälle, und was aus meiner Sicht noch viel wichtiger ist, kritische Situationen nicht mehr als "Gott gegeben" hinnehmen.
    Am Anfang kamen bei uns auch einige merkwürdige Dinge zu Tage aber nach einer Zeit, wenn die MA merken, dass dieses Thema auch von den Bearbeitenden Ernst genommen wird, kam plötzlich auch viel Sinnvolles. Zum Beisp.: zwischen den Regalen beinahe mit dem Stapler kollidiert (Spiegel montiert), defekter Deckel an einer Steckdose (reparieren lassen), eine nach einer Reparatur nicht wieder angebrachte Schutzeinrichtung, etc...
    Und wenn diese Sachen zügig erledigt werden, werden daraus auch keine kritischen Situationen oder Beinaheunfälle.

    Hi ixectic,


    vielen Dank für Deine schnelle Antwort! Das heisst dann im Umschluss, dass bei Euch keine defekten, oder Prüfpflichtigen Geräte mehr im Umlauf sind, oder?
    Wie schauts mit dem Grundliegenden Sicherheitsgedanken bei Euren MA's aus? Schaut da der eine auf den anderen?

  • ANZEIGE
  • Hallo Jürgen,


    der Sinn ist schlicht und ergreifend Prävention und die Mitarbeiter zu sensibilisieren damit sie beinahe Unfälle, und was aus meiner Sicht noch viel wichtiger ist, kritische Situationen nicht mehr als "Gott gegeben" hinnehmen.
    Am Anfang kamen bei uns auch einige merkwürdige Dinge zu Tage aber nach einer Zeit, wenn die MA merken, dass dieses Thema auch von den Bearbeitenden Ernst genommen wird, kam plötzlich auch viel Sinnvolles. Zum Beisp.: zwischen den Regalen beinahe mit dem Stapler kollidiert (Spiegel montiert), defekter Deckel an einer Steckdose (reparieren lassen), eine nach einer Reparatur nicht wieder angebrachte Schutzeinrichtung, etc...
    Und wenn diese Sachen zügig erledigt werden, werden daraus auch keine kritischen Situationen oder Beinaheunfälle.

    Hi Anton,


    merci für Deine Ausführung. Du scheinst diese Sache schon selber miterlebt zu haben.
    Leider ist das Thema AUG, obwohl schon sehr gelebt bei uns, immer noch sehr siefmütterlich behandelt.
    AUG steht zwar immer ganz weit oben, aber im Endeffekt zählt das was am Abend getan ist.


    "Der AUG soll sehr hoch sein, bei jedem ankommen, aber nix kosten dürfen!"


    Hast Du solche Vorgesetzte schon beraten, die dem AUG wie in Deiner Schilderung gegenübergestanden sind?
    Wenn JA, konntest Du sie auf den richtigen Weg führen und wenn JA wie?

  • Natürlich gibt es nach wie vor defekte Geräte. Aber die werden gemeldet wenn es ein x-beliebiger MA merkt und nicht erst der Sicherheitfuzzi oder der Chef.
    Und darum geht es doch. Das JEDER hinschaut damit gar nicht erst etwas passiert.
    Bei uns zum Beispiel im Jahr 2016:
    260 Mitarbeiter, 1 Meldepflichtigen AU, 25 gemeldete Beinaheunfälle, bzw. kritische Situationen
    Vor der Einführung waren es im Schnitt 5-8 Unfälle im Jahr.

    Grüße aus dem Bergischen Land


    Michael

  • Hallo Waldmann,


    geb Dir vollkommen recht, wichtig ist das Verständnis in die Köpfe zu bekommen, dass am keinen Unfall zu haben, bzw. aufeinander zu achten.
    Leider wird das nicht so gelebt und mich würde interessieren wie ich den an der Front dazu bringe verständnisvoller mit sich und seiner Umwelt
    umzugehen, anstatt BU-Bericht zu erfassen, Unterweisungen zu starten, ohne das etwas davon beim Einzelnen hängen bleit.


    Wie macht Ihr das?


    Ich hab zu einem das was in der BG weitervermittelt wird und zum andern das was wirklich vor Ort passiert. :/

  • @ Michael: Das hört sich sehr gut an, in welchem Gewerbe seid Ihr tätig? 260 MA, 1Meldepflichtiger ist ja schon was!
    wie haben ca. 8.000 und sind dezentral Angesiedelt.

  • ANZEIGE
  • Hallo Jürgen,


    wir sind Automobilzulieferer mit weltweit ca. 150.000 Menschen.
    Die Forderung für die Erfassung der Beinaheunfälle kommt von der aller höchsten Führungsebene.
    Da stellt sich auch die Frage nach der Akzeptanz der Führungsriege darunter nicht mehr. :D

    Grüße aus dem Bergischen Land


    Michael

  • Hallo Safeworx,


    ich gebe Argus recht.
    Was muss passieren, dass ein Beinahunfallmeldesystem akzeptiert wird.
    1) Die Führungsmannschaft möchte es fördern.
    2) Die Mitarbeiter müssen es akzeptieren
    3) es muss (meiner Meinung nach) ein Zeitfenster ein spezieller Zeitraum benannt werden, in dem die Mitarbeiter über die unsichere Handlung sprechen dürfen und müssen.


    und (meiner Meinung) noch viel wichtiger
    - es muss für den Mitarbeiter leicht umzusetzen sein
    - es darf für die oberen Führungsebenen keine allzugroße Zusatzarbeit sein (da wie Waldmeister schon schrieb - die meisten Unfälle Lokal auftreten) -> bedeutet für mich eine Stufensystem in der Abarbeitung
    - die oberen Führungsebenen und auch die Sifa -> dürfen keinen Orgasmus bekommen und Maßnahmen kreieren wie die Wahnsinnigen denn
    = das erschrickt die unteren Ebenen
    = führt zu einem (vielleicht) übertriebenen Arbeitsaufkommen z. B. durch überzogene Maßnahmen


    Für mich ist es bei solchen Systemen wichtiger, dass der Beinahunfall
    a) erfasst wird -> aber so einfach wie möglich
    b) die Arbeitsgruppe z. B. die Schicht, die Gruppe, die Arbeitsinsel u. s. w. eine eigene Lösung finden kann und auch Maßnahmen ergreifen kann.
    c) selber festlegen kann, ob die Maßnahmen ausreichend sind -> das schließt nicht aus, dass es nicht z. B. durch die Sifa kontrolliert werden darf und auch die Maßnahmen geprüft werden müssen.
    d) die Mitarbeitergruppe festlegt ob dieser Fall durch eine übergeordnete Gruppe (kleine Personenzahl) weiterbearbeitet werden muss.


    -> die Punkte a-d sind für mich (persönlich) die wichtigsten um ein Beinahunfallsystem zum Laufen zu bekommen.
    Grundvoraussetzung, dass ich über Beinahunfälle sprechen kann sind aber
    - eine hohe Arbeitsschutzakzeptanz bei den Mitarbeitern sowie bei den Führungskräften
    - dadurch auch das Wissen über das Thema Arbeitsschutz vorhanden ist um auch unsichere Handlungen erkennen zu können,
    - das Akzeptieren, dass eine Lösung nicht immer 100% ist sondern vielleicht auch nur mal 96% aber
    = wenn diese Lösung von den Mitarbeitern gefunden worden ist auch gelebt wird
    = die Mitarbeiter freiwillig an der Verbesserung mitwirken, wenn sie sehen das ihre Meinung gefragt, akzeptiert und zu einem Ergebnis führt.


    Gruß RaBau

    Fremde Meinungen sind zu akzeptieren meine Antwort auf "du" oder "sie". Ich möchte geduzt werden.
    Ich schreibe weiter alles mit DU (siehe Forumsregel). Die die kein Du haben wollen, machen gedanklich immer aus dem Du ein Sie.
    Gruß RaBau


    Nur Pessimisten schmieden das Eisen, solange es heiß ist. Optimisten vertrauen darauf, dass es nicht erkaltet. (Zitat von Peter Bamm)

  • Hallo Zusammen,


    hier wurde schon vieles und richtiges gesagt oder geschrieben, aber am wichtigsten ist es die Akzeptanz bei den meldenden Mitarbeitern bewahren und zu steigern, dass heißt die die Ursachen der gemeldeten Beinaheunfälle/Mängel sofort o. Zeitnah zu beseitigen. Nichts ist schlimmer als den Beinaheunfall/Vorfall in eine Liste aufzunehmen und den Vorfall/Ereignis nicht zeitnah zu beseitigen. Der Mitarbeiter meldet nur einmal wenn erstmal nichts o. zu spät reagiert wird meldet er nie wieder weil ja nichts passiert! Der Mitarbeiter muss das Gefühl haben das was er meldet auch von den entsprechenden Mitarbeitern Ernst genommen und reagiert wird. Ich muss immer sofort reagieren und dann dokumentieren sonst meldet keiner mehr etwas. Und zu guter Letzt immer Loben auch wenn viele das nicht wollen.

    Mit freundlichen Grüssen aus Braunschweig!


    Hans-Jürgen

  • ANZEIGE
  • Das Thema Beinah Unfälle kenne ich Hauptsächlich aus international agierenden Unternehmen.
    Hier wird aber unterschieden.
    Ein Beinah Unfall ist ein Ereignis was gerad noch mal glimpflich war. (Kein Personenschaden und/oder Sachschaden)
    Ein Gefährlicher Zustand ist zum Beispiel eine Lichtschranke an einer Maschine die nicht mehr richtig Funktioniert.
    Eine gefährliche Handlung ist dann eher das Kabel das achtlos als Stolperfalle ausgelegt wird.


    Bei einem Kunden wurde einmal im Monat die hilfreichste Meldung belohnt mit einem Tankgutschein. Am Anfang wurde dann wie wild alles mögliche gemeldet. Die Meldungen wurden dann aber in die obigen Kategorien eingeordnet und das wurde entsprechend Kommuniziert. Dann merkten die Mitarbeiter auch schnell dass Melden um des Melden willens nicht zum gewünschten Tankgutschein führte.

  • Hallo Jürgen,


    ich gehe jetzt fast nur auf Deine Frage ein. Bisher habe ich nur als MA etwas durchgesetzt, dies durch große Hartnäckigkeit, das ist jedoch kein Positivbeispiel. Dort war es nicht wichtig. Nur die Zahlen. Die Lösung war, das Unternehmen zu verlassen.


    Wie viele schreiben und was ich auch denke ist, dass die Unternehmensführung überzeugt werden muss, als erstes, denn dann geht es ja weiter.
    Wenn ich das richtig interpretiere sind Unfälle bei Euch eher selten und daher nicht mehr (oder waren nie) ein besonders wichtiges Thema. Aber letztendlich ist Deine Unternehmensführung schon von der Idee des Arbeits- und Gesundheitsschutzes überzeugt, da gerade aber ja nichts passiert, braucht man ja auch nichts tun.
    --> Daher ist das Thema Beinaheunfälle auch schwierig anzubringen.


    Falls es so wäre, dann würde ich es genau so machen wie RaBau geschrieben hat, vielleicht in "nur" drei Testgruppen (eine geht auch), das ist überschaubar.
    Dies ist vom Umfang her vertretbar und es kostet erstmal nichts bzw. wenig. Sehr Interessant wäre dann die Beobachtung der Motivation der Gruppe/n. Das wäre dann eine Möglichkeit auch größere Investitionen oder Veränderungen herbeizuführen. Natürlich nur, wenn ein Motivationsanstieg (objektiv) wahrnehmbar ist.

    Für mich ist es bei solchen Systemen wichtiger, dass der Beinahunfall
    a) erfasst wird -> aber so einfach wie möglich
    b) die Arbeitsgruppe z. B. die Schicht, die Gruppe, die Arbeitsinsel u. s. w. eine eigene Lösung finden kann und auch Maßnahmen ergreifen kann.
    c) selber festlegen kann, ob die Maßnahmen ausreichend sind -> das schließt nicht aus, dass es nicht z. B. durch die Sifa kontrolliert werden darf und auch die Maßnahmen geprüft werden müssen.
    d) die Mitarbeitergruppe festlegt ob dieser Fall durch eine übergeordnete Gruppe (kleine Personenzahl) weiterbearbeitet werden muss.

    Ach ja, es ist ja sowieso immer eine erneute Analyse notwendig, wenn es einen Beinaheunfall gegeben hat, vielleicht sogar eine komplette Gefährdungsbeurteilung. Im Zweifel kannst Du das Thema als Sifa komplett übernehmen. Jeder Beinahunfall gehört Dir;)


    Gruß aus Köln


    Anton

  • Hab grad festgestellt, daß sich seit Start dieses Freds 2017 nichts geändert hat. Allein die Quote zählt, nicht die Dringlichkeit.

    Seit Einführung dieses Meldewesens haben wir Sachen entdeckt, die wären ohne NearMiss NIE entdeckt worden:


    -MA stossen an Büroecken zusammen, weil sie den Kollegen hinter der Ecke nicht gesehen haben. Da wurde ein Spiegel montiert.

    -Beim Betreten des WCs bekommt der, der hinter der (dummerweise undurchsichtigen) Tür steht, selbige evtl. in's Gesicht. Vorschlag war Glasscheibe in Tür

    -Sie stolpern über Holzkeile, mit denen sie die WC Tür offenhalten

    -Sie stossen sich den Kopf, wenn was auf den Boden gefallen ist und zufällig das Fenster offen steht

    -Sie fallen trotz mehrfacher Schilder "Handlauf benutzen" immer noch die Treppe runter

    -Lagerbehälter, die schon immer nicht mehr als 30kg wiegen dürfen, sind plötzlich zu schwer.

    -Sie verbrühen sich am selbst in die geschenkte Thermoskanne eingefülltem Tee


    Es ist ein ständiger Wettbewerb, da es ja nicht sein kann / darf, daß es keine Findings gibt.

    Dumm ist nur, daß sich die Dauer der Umsetzung proportional zu den Kosten verhält.

    2 Mal editiert, zuletzt von RadlerBernd ()