Datenschutz und Gefährdungsbeurteilung

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  • Ausgangslage:
    Geplant ist mittels Beobachtungsinterviews durch eine externe geschulte Interviewerin eine Erhebung und Auswertung über psychische (und physische) Belastungen bei der Arbeit durchzuführen.


    Die Stimmung vor dem geplanten Start ist nicht förderlich, um objektivierte valide Ergebnisse zu erzielen. Das Unbehagen ist groß. "Ist sicher, dass Ergebnisse auch etwas bringen und nicht auf mich als Person heruntergebrochen werden?"


    Der Betriebsrat hat unmissverständlich die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen insbesondere über psychische Überbelastungen vorangetrieben, weil er mehr Personal herausschlagen möchte. Dieses Jahr wird wieder gewählt!
    Die Personalleitung möchte vor allem, dass die vorhandenen personellen Ressourchen nicht verbrannt werden.
    Der Arbeitsschützer will "nur" seine Arbeit machen und überhaupt mal die ersten Gefährdungsbeurteilungen zu psychischen Faktoren starten.
    Der Betriebsarzt hat das Vorhaben sachlich und diplomatisch begleitet.
    Die Datenschutzbeauftragte schlägt die Hände über den Kopf zusammen. Denn Ergebnisse werden sich auch bei fehlendem Namensangabe zurückverfolgen und einer Person zuordnen lassen. Das möchte sie geregelt wissen.


    Vertrauen (zurück) gewinnen...
    Die Idee ist, eine Einverständniserklärung mit Widerspruchsrecht zu formulieren.Vor der Evaluierung soll die Einverständniserklärung vom Teilnehmenden ausgefüllt werden. Geschieht dies nicht, wird mit der betroffenen Person keine ablauforientierte Analyse durchgeführt.

    Frage an die Community:


    Wer hat hier hilfreiche Ideen oder konkrete Erfahrungen?
    Wie lassen sich BDSG & ArbSchG miteinander vereinbahren?



    Danke für Hilfe.

    Hildegard Schmidt


    Ergonomiecampus

    Einmal editiert, zuletzt von Hildegard Schmidt ()

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  • Moin Hildegard,


    von Anfang an: alle mit ins Boot nehmen.


    Die Notwendigkeit ist klar. Bei "vielen" Beschäftigten geht ein Ergebnis ohne Namen nicht direkt in eine Richtung, also zu einem Betroffenen, bei "wenigen" Beschäftigten ist das dann schon tricky.


    Wie würde ich es machen? Betriebsrat, FASi, BA und evtl. ein Mitarbeiter für die fachlichen Fragen, bilden das Team. Wenn alle Punkte in der Theorie soweit klar sind, dann sollte ein Projektverantwortlicher her. Der setzt ein Verfahrensverzeichnis gem. BDSG auf.
    Das ist wichtig, denn ihr habt ja mit persönlichen Daten zu tun, die ihr nach Erlaubnis der Betroffenen irgendwie speichert. Dieses Verzeichnis bekommt der Datenschützer. Er schaut drüber und heftet das ab. Haltet euch an die Vorlage nach BDSG (Punkte 1 bis 8 darin sind öffentlich für jeden, Punkte 9ff nur intern. Eine Vorlage gerne bei Bedarf per PN.) Zurückverfolgung? Kann sein --> alle "Projekter" unterschreiben eine Verschwiegenheitsklausel nach BDSG. Damit ist der Datenschützer ruhig. Der soll euch unterstützen und nicht mit Steinen werfen (Gruß an den/die Kollegen/in).


    Alles Vorarbeit.


    Eine gute Akzeptanz und damit Ergebnisse bekommt ihr nur bei völliger Transparenz. Die Menschen müssen wissen, was ihr da macht und warum und wieso das was bringen kann, für sie.


    Die Einverständniserklärung MUSS sein, damit ihr überhaupt an Daten kommt.


    Vielleicht bringt es euch ja weiter, wenn ihr das Projekt auf einer Betriebsversammlung vorstellen könnt. Der Betriebsrat als Türöffner?


    Weitere Einfälle ergeben sich sicherlich in der Diskussion. Macht den Grundstock für die Aktion. Dann step-by-step weiter, immer offen und transparent. Dann bekommt ihr auch Akzeptanz!

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    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Vielen Dank: Verfahrensanweisung und wirklich engste Zusammenarbeit mit dem Datenschützer. Deine Empfehlung klingt doch absolut ehrlich, machbar und logisch.


    Ich lese auch daraus, dass ein längerer sensibler Vorlauf unabdingbar ist, um an dieses Thema mit Würde und Angemessenheit ranzugehen...


    Ein guter Zeitpunkt für die "Einverständniserklärung"
    Frage an Dich und alle: Würdest Du die Einverständniserklärung vor dem Start der Evaluierung mit einem zeitlichen Abstand von ein paar Tagen erbitten oder direkt, wenn die Gruppenintervention oder das Beobachtungsinterview beginnt?

    Hildegard Schmidt


    Ergonomiecampus

  • Moin Hildegard,


    möglichst früh.
    Dann hat jeder umso länger eine Bedenkzeit. Viele haben Fragen und Ängste, die könnte man dann größtenteils ausräumen.
    Die Erlaubnis zur Datensammlung und Verarbeitung braucht ihr ja letztlich auch, BEVOR ihr jetzt aktiv werdet.


    Versucht einen "guten Fuß" mit dem Datenschützer zu halten. Viele verstecken sich hinter irgendwelchen §§ und Unsicherheit wird mit verzögern ausgesessen. Das bringt nichts. Genauso wie, sofort alles absegnen. Eine gesunde Spur Wissen, Fähigkeit und die Eigenschaft 5 auch mal gerade sein zu lassen, bringt alle weiter!

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    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

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  • Ausgangslage:
    ...
    Der Betriebsrat hat unmissverständlich die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen insbesondere über psychische Überbelastungen vorangetrieben, weil er mehr Personal herausschlagen möchte. Dieses Jahr wird wieder gewählt!


    ...

    Der Betriebsrat erfüllt hier seine gesetzlichen Pflichten. Hast Du irgentwelche Belege für das, was Du hier dem Betriebsrat unterstellst?


    Grüße,
    achtzehntausendeins

    Einmal editiert, zuletzt von achtzehntausendeins () aus folgendem Grund: Grüße nachgetragen

  • Frage an die Community:


    Wer hat hier hilfreiche Ideen oder konkrete Erfahrungen?
    Wie lassen sich BDSG & ArbSchG miteinander vereinbahren?

    • Im gesetzlichen Arbeitsschutz kommen die Arbeitsplätze auf die Couch, nicht die Mitarbeiter.
    • Der wirksamste Datenschutz ist die Vermeidung von schützenswerten Daten.

    BDSG & ArbSchG lassen sich durch eine saubere Trennung von Verhältnisprävention (nicht personenbezogen) und Verhaltensprävention vermeiden. Psychische Belastungen wirken ausgehend von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen auf die Arbeitnehmner. Man kann die Beurteilung in einen Teil trennen, der keine personenbezogene Daten enthält und - wenn's unbedingt sein muss - einen anderen Teil, der personenbezogene Daten enthält.


    Oft werden Daten zu von den Arbeitsbedingungen ausgehend auf die Mitarbeiter wirkenden psychischen Belastung so dokumentiert, dass darin auch Daten enthalten sind, die aus datenschutzrechtlicher Sicht schützenswert sind. Leider ist das nicht unbedingt ein Versehen, sondern Absicht: Gerne wird die eher organisationspsychologisch orientierte Verhältnisprävention mir der eher individualpsychologisch orientierten Verhaltensprävention verquirlt, um dann den Datenschutz dafür zu instrumentalisieren, die psychischen Belastungen im Betrieb so wenig transparent wie möglich darstellen zu können. Damit kann es auch den Betriebsräten schwerer gemacht werden, auf diese Daten zugreifen zu können. (Wer Betriebsräten schlechte Absichten unterstellt, hat gegen solche Taktiken natürlich nichts einzuwenden.)


    Mit gutem Willen kann man auch das BDSG und das ArbSchG sehr gut miteinander vereinbaren.


    Grüße,
    achtzehntausendeins

    6 Mal editiert, zuletzt von achtzehntausendeins () aus folgendem Grund: Leerzeile entfernt

  • Hallo zusammen,


    für mich aktuell auch ein sehr interessantes Thema, denn in meiner Praktikumsaufgabe stehe ich auch vor genau dieser Frage.


    Ausgangssituation:
    - Praktikumsaufgabe "Vorausschauende, ablauforientierte Gefährdungsbeurteilung am Bsp. einer neu geplanten Schadstoffsammelstelle"
    - das dafür geplante Personal steht zu über 50% bereits fest, es sind 3 Personen


    Bei der Aufgabe sind grundsätzlich ja auch die individuellen Leistungsvoraussetzungen zu betrachten, wozu eben auch physische (z.B. gesundheitliche Vorschäden, Einschränkungen) und psychische Faktoren zählen. Bei 3 Personen eine 100%ige Anonymität zu gewährleisten sehe ich als sehr schwierig an.
    Ich habe mit der in meinem Praktikumsbetrieb tätigen hauptamtlichen Sifa und dem Abteilungsleiter der Sicherheit intensiv darüber diskutiert. Beide sehen das ebenfalls "äußerst problematisch", da überhaupt Fakten zu sammeln und in der Vorausschauenden, ablauforientierten Gefährdungsbeurteilung zu verwenden.
    Außerdem sind die beiden genannten Herren der Meinung, dass gesundheitliche Vorschäden/Beeinträchtigungen nicht als individuelle Leistungsvoraussetzungen zu berücksichtigen sind. Was ich mal in Frage und zur Diskussion stelle...
    @Waldmann, sehe es auch als einen sensiblen und damit auch nicht kurzfristig komplett umsetzbaren Aspekt. Für das Praktikum bzw. den Bericht könnte ich diese Problematik so schildern und einen aus meiner Sicht möglichen Weg skizzieren, der dann außerhalb des Praktikums zu gehen wäre.


    Bin gespannt auf eure Meinungen...!

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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  • Bei 3 Personen eine 100%ige Anonymität zu gewährleisten sehe ich als sehr schwierig an.

    Da ist keine Anonymität möglich. Allerdings ist auch keine statistisch sinnvolle Auswertung möglich, da ein zu geringer Stichprobenumfang. Somit würde ich die psychische Belastung hier nur als potentiellen Faktor darstellen, ohne Bewertung.


    Außerdem sind die beiden genannten Herren der Meinung, dass gesundheitliche Vorschäden/Beeinträchtigungen nicht als individuelle Leistungsvoraussetzungen zu berücksichtigen sind.

    Aber natürlich sind diese zu berücksichtigen, zumindest wenn es um die Beurteilung des individuellen Arbeitsplatzes eines Mitarbeiters geht. Blickt man Richtung Mutterschutz wird doch dort, gerade recht umstritten, in diese Richtung gedacht und jeder Arbeitsplatz soll, egal ob dort Frauen arbeiten oder nicht, im Vorfeld beurteilt werden, ob dort Schwangere zum Einsatz kommen können oder welche Einschränkungen dabei zutreffen.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • .......erinnert mich immer an mein Lieblingstier: Die Kuh auf dem Eis.


    Eine Verknüpfung von Datenschutz und Arbeitsschutz geht nur mit einer maximalen Transparenz von allen Punkten.


    Klar, keine Daten - bester Schutz. Also als Kompromiss vielleicht nur so wenig Daten, wie eben machbar. Der Datenschutz greift in den Bereich von persönlichen Daten ein. Personenbezogene Daten! Braucht der Arbeitsschutz den Namen und Kontaktdaten von Mitarbeitern? Nein. Damit ist eine Verknüpfung mit anderen Daten schon schwer. Wenn ich keinen kenne, dann darf ich doch wissen, das der rote Haare und einen Hörfehler hat. Die Verknüpfung zur realen Person ist nicht gegeben. Das funktioniert aber auch nur in der Masse. Bei 100 Leuten ist eine Zuordnung schwer, Zufallsprinzip.
    Bei 3 Leuten bekomme ich schon viele Treffer. Damit unterstreiche ich meine Vorredner. Genauso ist es doch, wenn ich sage, der schwer beschädigte MA aus der Sortierstelle. Ohne Namen zu nennen, kennt den dann jeder.


    Das meine ich dann mit einer Zusammenarbeit von allen. Ziel ist der schützenswerte AN. Also sollten sich dann auch alle Gremien eines Betriebes, die zur Verschwiegenheit verdonnert worden sind (!!!), gemeinsam hinsetzen. Wohl überlegt wird schnell klar, das Eifersüchteleien nicht produktiv sind und gegensätzlich vieles kaputt machen können. Dazu braucht man eigentlich keine geschriebenen Gesetze. Das sollte mit einem gesunden Verstand gehen.

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    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo zusammen,


    jau, sicher ein heikles Thema aber hier mal wieder ein anderer, a.r.ni wuerde sagen: "ein ketzerischer" Ansatz:


    Wie Mick Jagger bereits sagte: "You can't always get what you want.", will heißen: Wenn die Ablehnung der MA gegen die Erhebung eines, hoffentlich faktenbasierten, Datenbestandes zur Untersuchung psychischer Belastungen schon vor Beginn so groß ist, dann brauch ich diese Erhebung nicht - dann weiss ich auch so dass was im Argen ist. Wenn sich allerdings MA jaemmerlich ueber psychische Faktoren beklagen, sollten sie auch bereit sein, zur Aufklärung und Verbesserung beizutragen.


    Wir haben versucht, solche Aspekte zu diskutieren und deutlich zu machen und siehe da, die MA fangen an, auch in diese Richtung zu denken. Selbstverstaendlich nehme ich auch den Datenschuetzer ins Boot, aber wenn ich erst 3 Jahre datenschutzrechtliche Fragen diskutieren muss, hilft mir und den Beschaeftigten das einfach nicht weiter. Und, auch das sollte Erwaehnung finden, wenn jemand bei der Unterstuetzung Probleme hat, dann muss ich mich natuerlich erst um diese Formalien kuemmern, bevor ich mich um die inhaltlichen Hemmnisse kuemmern kann, iss klar, oder?!?


    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Moin,


    gerade bei diesem Thema ist es sehr schwer Vertrauen aufzubauen. Kenne ich nur zu gut.


    Manchmal gibt es auch SiFa's, die auch Datenschützer sind. :D
    (Das hilft dann ungemein.)

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    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
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  • ... Wenn sich allerdings MA jaemmerlich ueber psychische Faktoren beklagen, sollten sie auch bereit sein, zur Aufklärung und Verbesserung beizutragen. ...


    Ach ja, diese weinerlichen Mitarbeiter...


    Nehmen wir einmal die Situation, dass sich die MA nicht "jämmerlich beklagen" sondern schlicht die Vermeidung von psychischen und physischen Fehlbelastungen erwarten. Das ist ja ohnehin vorgeschrieben. Zumindest in großen Betrieben ist eine verhältnispräventiv orientierte Befragung (z.B. COPSOQ) kein Problem, denn es werden Arbeitsplätze beurteilt, und nicht Leute. Bei guter Anonymisierung kann man sogar einen verhaltensorientierten Test wie den WAI verhältnispräventiv einsetzen, ohne dass sich die Mitarbeiter Sorgen machen müssen.


    Wer eine Befragung unterlässt oder abbläst, weil die Mitarbeiter sie nicht akzeptieren, die/der kann dann wohl nicht richtig mit den inzwischen reichlich vorhandenen Befragungsverfahren umgehen. Dafür kann man die Mitarbeiter aber nicht verantwortlich machen.


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins

  • ... Ich habe mit der in meinem Praktikumsbetrieb tätigen hauptamtlichen Sifa und dem Abteilungsleiter der Sicherheit intensiv darüber diskutiert. Beide sehen das ebenfalls "äußerst problematisch", da überhaupt Fakten zu sammeln und in der Vorausschauenden, ablauforientierten Gefährdungsbeurteilung zu verwenden.
    Außerdem sind die beiden genannten Herren der Meinung, dass gesundheitliche Vorschäden/Beeinträchtigungen nicht als individuelle Leistungsvoraussetzungen zu berücksichtigen sind. Was ich mal in Frage und zur Diskussion stelle ...

    Wenn bei der Gefährdungsbeurteilung die von dem Arbeitsplatz ausgehend auf irgendeinen Mitarbeiter wirkenden Belastungen beurteilt werden, dann werden damit keinerlei Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt.


    Der nächste Schritt ist dann, die Voraussetzungen zu beschreiben, die irgendein Mitarbeiter mitbringen muss, um nicht gefährdet zu werden.


    Beide Schritte kann man gehen, ohne von den drei MAs personenbezogene Daten zu erfassen. Bei diszipiniertem Vorgehen kann man die drei MA aber als Fachleute für die Beschreibung ihres Arbeitsplatzes an der Gefährdungsbeurteilung mitwirken lassen.


    Es besteht aber durchaus die Gefahr, dass ein Gefährdungsbeurteiler "persönlich" wird. Zu beschreiben, wie man das vermeidet, kann den Praktikumsbericht besonders interessant machen.


    Viel Erfolg,
    achtzehntausendeins

  • Moin,


    im Vorfeld ist es eine gute Hilfe mit den Mitarbeitern zu reden. Wird eine GB einfach "übergestülpt", dann erkennt sich der MA in Teilbereichen sicherlich wieder. Einiges ist richtig, wird so akzeptiert, anderes gefällt weniger.
    Schöner und besser ist es, in meinen Augen, die MA mit einzubeziehen. Die MA zu befragen und den Sachverhalt dann kurz mit eigenen Worten zu wiederholen. Wird das dann "abgenickt", dann ist der Inhalt von beiden Seiten akzeptiert und kann als verstanden angesehen werden.


    Das hört sich kompliziert an, ist es aber nicht. Jedes gemeinsame Gespräch, jeder Dialog auf Augenhöhe, ist schon Grundlage dafür und schafft etwas, was es braucht: Vertrauen.


    Dann kann/wird auch der nächste Schritt einfacher sein. Habe ich einen MA mit einer Behinderung, so ist diese (meist) auch bekannt. In den gemeinsamen Gesprächen kann der MA dann bereits sagen, was er vielleicht von sich preisgeben möchte und was eben nicht. Das dann mit Datenschutz untermauern, dürfte doch kein Akt sein.
    Denn meinen Vorrednern gebe ich recht: Eine Befragung von drei Teilnehmern kann nur andeutungsweise anonym sein.


    Fazit:
    Wo immer es möglich ist nur den reinen Arbeitsplatz betrachten. Dann bekomme ich einen Bezug von Gefährdungen zum Arbeitsumfeld. Ob jetzt dort ein Mann oder eine Frau arbeitet, ob jetzt jung oder älter, egal. Interessant sind die Grenzbereiche, die Einschränkungen oder ....


    Es braucht ein gemeinsames Vertrauen.

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    ... viele Grüße vom Waldmann.





    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo @achtzehntausendeins und @Waldmann ...vielen Dank für eure interessanten und detaillierten Anmerkungen. :)


    Wie ihr ja beide als sinnvoll geschrieben habt, habe ich -soweit sie verfügbar waren- die Mitarbeiter dadurch mit beteiligt, dass ich sie zu ihren Erfahrungen und ggfs. Änderungswünschen aus den Tätigkeiten in der bisherigen Arbeitsstätte befragt habe. Die Tätigkeiten werden zum Großteil auch in der neuen Arbeitsstätte stattfinden, aber unter möglicherweise leicht veränderten Rahmenbedingungen.


    Für den Praktikumsbericht werde ich doch die "Variante" wählen, in der Gefährdungsbeurteilung ausschließlich die Gefährdungen ganz allgemein für "irgendeine" Person zu beschreiben und ebenso mit den Leistungsvoraussetzungen zu verfahren. Werde aber trotzdem Deine weiteren gedanklichen Ansätze für die Zukunft im Hinterkopf behalten @achtzehntausendeins ...und ich werde mich auch unbedingt mal noch mit der Thematik "Befragungen" als Handwerkszeug befassen, denn die beiden von Dir genannten Abkürzungen WAI und COPSOQ habe ich bisher noch nicht gekannt.

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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  • achzehntausendeins: Doch, kann und tu ich...manchmal.


    Und mehr wollte ich damit nicht sagen. Ich bin nunmal nicht derjenige, für den alle MA weiße Schaafe sind, denen ich Zucker in den Allerwertesten blasen muss. Wenn jemand jammert, sich aber nicht an Lösungen beteiligen will, sag ich auch schon mal: "Hau ab!"


    Nicht alle Tools sind perfekt und nicht alle Werkzeuge sind immer das Optimum für jede Gelegenheit. Allerdings muss ich mich irgendwann einmal für eines entscheiden. Ich werde nicht solange rumprobieren bis alle zufrieden sind.


    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Wird eine GB einfach "übergestülpt", dann erkennt sich der MA in Teilbereichen sicherlich wieder. Einiges ist richtig, wird so akzeptiert, anderes gefällt weniger.

    In vielen Fällen ist es gerade nicht das Ziel, dass sich ein MA in der GB wiedererkennt, denn sie oder er ist ja nicht Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung.


    Konkretes Beispiel: Nach der Zusammenlegung zweier Firmen werden die Produktabkündigungsprozesse beider Unternehmen zusammengeführt. Der Prozess der einen Firma wird eingestellt, bevor der neue Prozess läuft. Deswegen müssen einige Aufgaben (bei denen Fehler zu hohen Haftungsansprüche seitens der Kunden führen können) vorübergehend "manuell" erledigt werden, also immer noch am Bildschirm, aber mit Excel und Outlook statt mit dem nicht mehr zur Verfügung stehenden Mitteilungs-Verteilungstool.


    Weil es keine Abschätzung des Arbeitsaufwandes gibt, fordert der Betriebsrat auf Bitte eines Mitarbeiters eine Gefährdungsbeurteilung für den Übergangsprozess. Es stellt sich heraus, dass der für den Übegangsprozess verantwortliche Top-Manager sich überhaupt nicht für die durch seine Entscheidung verursachte Arbeitsbelastung interessiert hat sondern das Kostensparen und das Einhalten von Terminen für ihn die Priorität hat. Auch die von ihm verursachten versteckten Kosten sah er nicht (weil Andere sie tragen mussten). Hier lag u.a. ein fahrlässiger Verstoß gegen die Bildschirmarbeitsverordnung vor.


    In der dann erstellten Gefährdungsbeurteilung erkennen sich weder der beschwerdeführende Mitarbeiter noch der Top-Manager wieder, denn das ist nicht die Aufgabe der Gefährdungsbeurteilung. Nicht Leute kommen auf die Couch, sondern Arbeitsplätze (Aufgaben, Arbeitsbedingungen usw.). Die Gefährdungsbeurteilung war dann eine Grundlage für Maßnahmen zur Senkung der psychischen Fehlbelastungen. Als Maßnahme wurde die Vorbereitung von Abkündigungsmitteilungen (Zusammenführung mehrerer Daten und Erstellung eines Anschreibens) an eine Hilfskraft vergeben. Der zuvor fehlbelastete Mitarbeiter überprüfte das fertiggestellte Mitteilungspaket, und die Hifskraft verschickte die Mitteilungspakete dann in einer Weise, die die für spätere Reklamationen erforderliche Nachvollziehbarkeit gewährleistete.


    Die Gefährdungsbeurteilung war in diesem Fall im Grunde nichts andere als die ordentliche Beschreibung des Übergangsprozesses, wie sie eigentlich hätte erfolgen müssen, bevor der Prozess operativ wurde. Die Arbeitsschutzmaßnahme bestand eigentlich nur darin, dass nachgeholt wurde, was bei ordentlicher Planung ohnehin hätte gemacht werden müssen.


    Hier hat die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleitete Arbeitsschutzmaßnahmen nicht nur einem Mitarbeiter geholfen, sondern einen risikobehafteten Verwaltungsprozess auch in der Übergangsphase sicherer und effizienter gemacht. Dafür, dass der Betriebsrat die Gefährdungsbeurteilung und die Maßnahmenableitung in diesem Fall vorangetrieben hatte, hat sich das Unternehmen allerdings nicht bedankt.


    Zum Ausgangspunkt zurück: in der ganzen Angelegenheit war die psychische Verfasstheit des betroffenen Mitarbeiters kein Thema, denn allein die Betrachtung des ursprünglich zusammengefrickelten Übergangsprozesses hatte gereicht,eine psychische Fehlbelastung (als Eigenschaft der Aufgabe und nicht des Mitarbeiters) zu erkennen und abzustellen. Es entstanden also gar keine personenbezogenen Daten. Folglich gab es für Datenschützer hier nichts zu tun.