Fluchttüren öffnen gegen die Fluchtrichtung. Möglich oder nicht?

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  • Es dreht sich um ein Alten- und Pflegeheim, wo beim letzten Erweiterungsbau im Jahre 2007 ein neues Brandschutzkonzept erstellt wurde, das damals auch behördlich akzeptiert wurde, obwohl es an mehreren Stellen aufgrund der baulichen Gegebenheiten Fluchttüren gibt, die gegen die Fluchtrichtung öffnen. Allerdings handelt es sich stets um die zweiten Fluchtwege und das Konzept erfüllt dank der Kompensationsmaßnahmen alle Anforderungen der Krankenhausbauverordnung.


    Nun hat das zuständige Bezirksamt unter Berufung auf die Arbeitsstättenverordnung einen Umbau mit Fertigstellung bis zum 31.12.15 verlangt. Für die Bewohner reicht die strenge Krankenhausbauverordnung, die Mitarbeiter sollen nun noch besser geschützt werden. Angesichts des an sich schlüssigen Brandschutzkonzeptes ist das wenig nachvollziehbar.


    Wie beurteilt Ihr die Rechtslage? Geht die Arbeitsstättenverordnung tatsächlich über die Krankenahusbauverordnung? Oder verspricht ein Einspruch mit dem Verweis auf das Brandschutzkonzept Erfolg?



    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.

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  • Moin,

    ... Fluchttüren gibt, die gegen die Fluchtrichtung öffnen. Allerdings handelt es sich stets um die zweiten Fluchtwege und das Konzept erfüllt dank der Kompensationsmaßnahmen alle Anforderungen der Krankenhausbauverordnung.

    ich würde Einspruch erheben, auf das Brandschutzkonzept verweisen - und wenn möglich: auf vergleichbare Lösungen;
    d.h. werden diese Forderungen nur an Euch gestellt oder an alle vergleichbaren Einrichtungen oder sind zufälligerweise einige Einrichtungen gleicher als andere ... ? :whistling:
    Es gibt Lösungen, bei denen Fluchttüren gegen die Fluchtrichtung öffnen, wie bspw. bei Türen, die auf öffentliche Gehwege öffnen oder bei Banken ...

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  • Hallo,
    das Problem kenne ich - ist aber lösbar.
    Das Bezirksamt müsste über die Begrifflichkeiten der einzelnen Türen aufgeklärt werden. Des Weiteren würde ich um Darstellung der Quelle bitten.
    Das Arbeitsstättenrecht unterscheidet zwei Türen welche aufgrund von Unkenntnis des Öfteren gleich gestellt werden.


    In der ArbStättV wird verlangt dass Türen als Notausgang in Fluchtrichtung aufschlagen. Notausgangstüren sind Türen, welche das Verlassen des Gebäudes oder den Wechsel in einen gesicherten Bereich darstellen.
    Wenn hier eine Abweichung erfolgen soll bedarf es immer der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Eine Brandschutzkonzept oder Gefährdungsbeurteilung reichen hier nicht aus.
    vgl. ArbStättV 2.3: "Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen lassen."
    vgl. ArbStättV § 3a: "(3) Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges zulassen, wenn....."


    Bei den weiteren "Türen im Verlauf eines Fluchtweges" gibt es diese Forderung in der ArbStättV NICHT. Diese werden in der ASR A2.3 beschrieben und je nach Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung kann diese auch entgegen der Fluchtrichtung öffnen. Eine Genehmigung seitens der Behörde ist hier nicht erforderlich.
    vgl. ArbStättV 2.3: (2) Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen
    a) sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden,
    b) in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.


    Ein Beispiel noch aus der Praxis: Im Krankenhaus befinden sich des von einem Treppenhaus jeweils links und rechts Stationen. Die Evakuierung im Brandfall wird häufig zunächst horizontal bewerkstelligt.
    Fazit: für eine der beiden Stationen ist die Tür zum Treppenhaus immer entgegen deren Laufrichtung.


    Ich hoffe trotz vorgerückter Stunde dass es verständlich formuliert ist, wenn nicht - morgen...... ^^

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Hallo,


    wie kann man den eine Notausgangstür erkennen? Haben die auch ein "Schild" wie bei einer Feuerschutztür?


    Die Türen innerhalb eines Gebäudes, die von einem Raum in den Anderen führen, sind das Notausgangstüren, Fluchttüren oder Brandshutztüren?

  • Hallo,
    wie Fluchtwege, Notausgänge beschildern werden ist Basic - schauen Sie einmal in der ASR A1.3-2013 nach.


    Jetzt vermischen Sie noch mehr Türen. :sonne1:


    Eine Brandschutztür könnte aufgrund des baulichen Brandschutzes so ziemlich jede Tür sein, egal ob Büro, Archiv, Sozialraum, Lager usw. Auf Brandschutztüren ist dauerhaft ein Schild angebracht, auf dem die Zulassungsnummer des DIBt eingeprägt ist, z. B. großes Ü T 30-2 MPA .....; dieses liest sich wie folgt: 2-flügelige Tür, 30 Minuten feuerhemmend. Ein "grünes" Piktogramm oder ähnliches muss sich nicht unbedingt aufgebracht sein. Eher ist ein Hinweis möglich, dass bspw. diese Tür nicht verkeilt oder festgelegt werden darf.


    Türen im Verlauf eines Fluchtweges befinden sich, wie der Begriff schon sagt im festgelegten Fluchtweg. Diese sind i.d.R. auch brandschutztechnisch qualifiziert = also eine Brandschutztür und besitzen die Kennzeichnung wie z.B. die oben genannte Tür.


    Notausgangstüren sind zu kennzeichnen (grüne Piktogramme nach ASR). Diese führen häufig ins Freie, also Sie verlassen das Gebäude ODER Sie betreten einen sicheren Bereich, dessen brandschutztechnischen Anforderungen (Wände, Türen usw.) entsprechend höher sind. Und nur diese Türen sind hinsichtlich Aufschlagrichtung in der Arbeitsstättenverornung festgelget...... europaweit versteht sich.

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

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  • Ich würde gern noch zwei Punkte hinzufügen:


    1. Es gibt Brandschutztüren, die in beide Richtungen zu öffnen sind.


    2. Mein Brandschutzbeamter erklärt mir, dass meist nach der zweiten Neulackierung die Dichtung in der Tür fehlt. Dann entfällt allerdings der Versicherungsschutz.

  • stimmt natürlich.
    jegliche bauliche Änderung oder ein Loch in die Tür bohren um ein Schild aufzuhängen zieht den Verlust der Zulassung nach sich.

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Hallo,


    stimmt natürlich.
    jegliche bauliche Änderung oder ein Loch in die Tür bohren um ein Schild aufzuhängen zieht den Verlust der Zulassung nach sich.


    ja, was immer wieder zu großen Diskussionen führt....


    Gruß
    Simon Schmeisser

    Durch einen guten vorbeugenden Brandschutz und entsprechende Brandschutzaufklärung kann davon ausgegangen werden, dass mehr Menschenleben und Sachwerte bewahrt werden können, als durch alle Einsatzleistungen und Bemühungen im Ernstfall zusammen. Simon Schmeisser These "VB-ein Weg aus der Feuerwehrkrise" Fachzeitschrift Feuerwehr 2010

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  • ... weil jeder glaubt irgendwas aufzubappen - gefährliches Halbwissen. :thumbup:

    Gruß
    AL_MTSA


    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Hallo zusammen,


    ich habe auch eine Frage bzgl. der Aufschlagrichtung von Fluchttüren. Innerhalb des Gebäudes gehen alle Fluchttüren nach außen auf. Die Mitarbeiter müssen dann allerdings über den Innenhof des Gebäudes zum Sammelplatz durch ein Tor gehen. Dieses hat zwar ein Antipanikschloss. Allerdings öffnet das Tor nach innen, also nicht in Fluchtrichtung. Dies wurde wohl bei der Erstellung des Gebäudes (vor ca. 25 Jahren) so abgenommen und nicht bemängelt. Allerdings gibt es dazu kein Protokoll o. Ä., so dass wir keinen schriftlichen Nachweis haben. Gibt es dazu eine Regelung? Der Innenhof ist ziemlich groß. Es kann also nicht zu einer Massenansammlung vor dem Tor kommen.


    Viele Grüße

  • Der Innenhof ist ziemlich groß. Es kann also nicht zu einer Massenansammlung vor dem Tor kommen.

    Was machst du, wenn jedoch alle gleichzeitig zum Sammelplatz durch das Tor gehen wollen?

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  • Guten Morgen,


    ich habe im Seniorenzentrum 6 (von 14) gekennzeichneten Fluchttüren, die auch noch auf den Sammelplatz führen und in die "falsche" Richtung öffnen.

    Es lässt sich kein Brandschutzkonzept finden, obwohl der Bau von 2004 ist und jemand was von "das wurde damals noch nicht gebraucht" erzählte(?).

    Eine Bau-Notiz zu einer weiteren Fluchttür die nach innen öffnet erklärt zumindest die bauliche Entscheidung an dieser Tür.

    Es liegt keine Stellungnahme oder Zustimmung zu den falsch öffnenden Fluchttüren der Behörden vor.


    Haben nach 18 Jahren diese Türen jetzt Bestandsschutz?


    Ich wünsche eine schöne Restwoche!


    BG Stefan

  • Hallo,


    laut unserer Aufsichtsbehörde gibt es keinen Bestandsschutz. Sofern Türen im Fluchtweg nach innen öffnen muss im Alarmfall eine automatische Öffnung erfolgen und die Tür offen bleiben -- auch bei Stromausfall. Oft ein Problem in historischen Gebäuden.

    Wenn der Kaiser nackt aussieht, dann ist der Kaiser auch nackt.

  • Stimmt! Im Brandschutz gibt es keinen Bestandsschutz.


    Komnet6246 :bei Komnet wurde eine ähnliche Frage schon gestellt.

    Du hast hier das Problem, dass andere in der Vergangenheit Bockmist verzapft haben.

    Die Änderung kostet euch unverhältnismäßig viel Geld. Das könnte Dir den Popo retten.

    Im Normalfall würde ich hier hergehen und eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Inwieweit behindern dich bzw. die Schlagrichtung die Flüchtenden auf dem Weg nach draussen? Wie oft it das schon vorgekommen? Und was erwartest du für die Zukunft?

    Wenn du vorbeugenden Brandschutz ernsthaft betreibst, kannst du das Risiko gering halten und auf die teuren Umbauten verzichten. Das nennt man dann wohl unverhältnismäßig hohen Kosten. (Wirtschaftlich vertretbar oder nicht).

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf


    Gruß Mick

  • Es besteht auch die Möglichkeit der Ausnahmezulassung nach § 3a Abs. 3 ArbStättV.

    Kurz:

    - Ersatzmaßnahme oder

    - Durchführung wg. unverhältnismäßiger Härte nicht möglich.


    Ausschließlich monetäre Gründe, z. B. zu hohe Kosten für den

    verordnungskonformen Umbau der Arbeitsstätte, stellen keine besondere Härte dar.

    Wenn der Kaiser nackt aussieht, dann ist der Kaiser auch nackt.

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