Sauerstoffreduktion Serverräume

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  • Hallo Zusammen, ich habe einen leider eiligen Sachverhalt, bei dem ich derzeit auf dem Schlauch stehe und einer Eskalation vorbeugen möchte. Ein Mieter eines Rechenzentrums meldet mir einen angeblich "gravierenden Arbeitsschutzmangel" weil er durch einem seiner Mitarbeiter mit einem "Gox 100" (150 € bei Conrads) auf den unmittelbaren Flucht- und Rettungswegen zu den Serverräumen (Verkehrswegen) zu geringe Sauerstoffwerte gemessen hat. Sie schwanken an verschiedenen Stellen von ca. 18,8 bis 16,5 (Tiefstwert unmittelbar an einem Notausgang). Sicherlich will ich dies Anzeige auch als Mangel angehen und die Dichtigkeit der Serverräume prüfen lassen, aber ist das deshalb ein "gravierender" Mangel? Es handelt sich doch hier allenfalls um Verkehrswege und nicht um die Arbeitspläte, für die ja entsprechende Anforderungen definiert sind. Ich will jetzt erst einmal professionelle Vergleichsmessungen machen lassen, ich weiß ja nicht mal wo und wie gemessen wurde usw. Hat hier jemand Erfahrung mit ähnlichen Problematiken? Ich will erst mal den "Druck" aus dem Kessel nehmen, dass hier jetzt hier gleich eine "Gefahr in Verzug" vorliegt. Mir erscheint das alles ein bißchen dramatisiert. Oder liege ich hier völlig falsch und unterschätze das?


    Beste Grüße


    Uwe

    "Es ist der der gewöhnliche Fehler der Menschen, bei gutem Wetter nicht an Sturm zu denken." Niccolo´Machiavelli - Der Fürst 1513

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  • Hallo Duenkel!


    Da hast du ja wirklich ein Problem, welches Du angehen musst.


    Messgenauigkeit:
    Für das Gox 100 wird einen Genauigkeit von 0,1 % angegeben. Das würde ich zunächst einmal glauben. Es handelt sich nicht um ein Spielzeug.


    Arbeitsmedizinisch:
    Tatsächlich scheinen 17 Volumenprozent der untere, unproblematische Wert zu sein.
    Hier etwas genauere Infos:
    http://www.gefaehrdungsbeurtei…ngen/ertrinken/grenzwerte


    Reaktionen:
    Meine Empfehlung wäre zunächst einmal auf den Einwand positiv zu reagieren.
    Gemeinsam kann man besser ein Problem lösen als gegeneinander.
    Außenluft 21 % Sauerstoff - an der Messstelle 16,5 % Sauerstoff.
    Hier also die Frage, wo bleibt der verschwundene Sauerstoff?
    Auflösen kann sich der Sauerstoff nicht, er geht also bei Oxydation Verbindungen ein.
    Wo oxidiert der Sauerstoff Materialien?
    - In den Wänden der Räume wäre eine Lösung, allerdings bei älteren Gebäuden eher sehr unwahrscheinlich.
    - Sauerstoffreaktionen treten vor allem bei erhöhten Temperaturen auf. Da die Server elektrische Energie zum großen Teil in Wärme umwandeln, ist im erwärmten Inneren eine erhöhte Sauerstoffreaktion zu erwarten. D.h. die Sauerstoffkonzentration sinkt. Es entsteht mehr CO2.


    Wahrscheinlichkeit:
    Die deutliche Verringerung des Sauerstoffgehalts scheint mir vom Mieter selbst verursacht zu sein.
    Wie gesagt, der Sauerstoff kann nicht einfach verschwinden.


    Grüße
    Flügelschraube

  • Hallo Uwe,


    prinzipiell sehe ich bei reinen Verkehrswegen keine wirklichen Probleme bei den angegebenen Meßwerten, würde jedoch durch eine entsprechende Betriebsanweisung den Aufenthalt dort entsprechend begrenzen.
    Wird in dem Serverraum der Sauerstoffgehalt durch technische Maßnahmen (Stickstoffzugabe) reduziert? Falls ja, die Anlage kontrollieren lassen. Gibt es dort eine fest installierte Messeinrichtung? Wie ist die Lüftungsmöglichkeit im Verkehrsweg? Eventuell kommt der niedrige Sauerstoffgehalt vom häufigen Öffnen des Serverraumes, oder die Tür ist lediglich undicht. In einem ähnlichen Fall haben die Betreiber eine mit dem Flurlicht gekoppelte nachlaufende Lüftung (ähnlich wie bei fensterlosen Bädern) installiert.


    Gruß
    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Das Messgerät erscheint zunächst einmal geeignet, in diesem Bereich zu messen. Allerdings muss der Anwender auch wissen, wie man korrekt misst. Laut Anleitung zum Gerät soll die Sensoröffnung nach unten zeigen. Auch muss auf den Luftdruck kalibriert werden. Weiterhin handelt es sich um einen Diffusionssensor. Dies bedeutet, die Messung ist träge und kann eigentlich nur stabile Bedingungen messen, bei Veränderungen reagiert die Messung mit Verzögerung. Auch muss man wissen, dass der Sensor querempfindlich ist auf CO2, welches man in der Ausatemluft vorfindet. Ausatemluft könnte ein weiterer Störfaktor sein. Der Messende hält das Gerät vors Gesicht um die Werte besser ablesen zu können und siehe da, der Sensor befindet sich in der Ausatemluft, welche ca. 15% O2 enthält und zusätzlich noch CO2, was für weitere Fehler sorgt.
    Ich würde das Gerät mindestens 30 Sekunden, besser 1-2 Minuten an der zu messenden Stelle halten, außerhalb vom eigenen Ausatemstrom. Dann die letzten gemessenen Werte verwenden.
    Bis hinunter auf 17% besteht eigentlich kein dringender Handlungsbedarf, wobei man natürlich einem reduzierten Sauerstoffgehalt nachgehen sollte, sofern er sich bei einer Wiederholungsmessung bestätigt. Ich gehe einmal davon aus, dass die Serverräume mit reduziertem Sauerstoffgehalt gefahren werden, dann müsste man dort ja auch einen entsprechenden Wert erhalten. Weiterhin dürften diese Räume dann auch eine entsprechende Überwachung besitzen. Wie unterscheiden sich die Werte der Überwachung von denen des Messgerätes?

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Uwe,


    1. mit dem Meßgerät Gox 100 einfach mal auf dem Flur UND im Serverraum messen. Da kannst du wenigstens mal abschätzen, wie genau die Messwerte sind. Dabei die Hinweise von "tiefflieger" beachten.


    2. Es gibt eine BGI zu Arbeiten in sauerstoffreduzierten Räumen: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-5162.pdf


    3. Dichtheitsprüfung (Türen, Wände, Wanddurchbrüche, ...) vornehmen - es ist ja nicht zuletzt auch eine Frage des Energie- und Materieleinsatzes, ob ich wirklich nur den Serverraum Sauerstoff reduziere oder gleich die ganze Umgebung mit.


    4. Hinweisschilder über eine reduzierte Sauerstoffatmosphäre im Flur und eine Aufenthaltszeitbeschränkung (Aufenthalt im Flur nur so lange wie nötig)



    peter

    Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. (Werner-von-Siemens zugeschrieben)

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  • Hallo Uwe.


    Die Tipps der Kollegen sind vollkommen zutreffend und ich würde diese beherzigen. Aber mal eine Frage. Die Serverräume sind sauerstoffreduziert, weil dort Luftvolumen abgesaugt wird und ein Unterdruck entsteht oder weil dort Luftvolumen abgesaugt und mit anderen Gasen aufgefüllt wird? (z. B. CO2, Argon, etc...)
    Sollten dieses reine Unterdruckräume sein, ziehen diese die Luft natürlich aus umliegenden Räumen. Da wird dann ebenfalls ein Unterdruck erzeugt, der wiederum Luft von außen ansaugt. Somit dürfte hier kein niedriger Sauerstoffgehalt vorliegen. Habt Ihr einen Bereich, der mit Gasen geflutet wird, kann dieses anders aussehen.


    Aber jetzt mal im Ernst. Ein Messgerät muss professionell bedient werden und das Messverfahren für eine herstellerseitige Messung ist festgelegt (hat tiefflieger bereits beschrieben).
    Eine gutachterliche Messung kostet etwas aber ist sicherlich aussagekräftiger.


    Mein Tipp: Lass Dir die Messung vom Mitarbeiter zeigen, wie er diese gemacht hat und führt diese nochmal gemeinsam durch (Fotos machen net vergessen). Abgleich mit den Herstellerangaben, ob diese überhaupt aussagekräftig ist (Messfehler gibt es sehr häufig).


    Erst, wenn sich alle Befürchtungen bestätigen, würde ich für derartige Messungen entsprechende Stellen einschalten (TÜV, DEKRA oder andere Anbieter)


    Gruß


    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"


    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)