Umgang mit der Ermittlung psychischer Belastungen im Betrieb

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  • An den Beiträgen sehe ich, wenn das Gesamtsystem die Chancen nutzt "achtsam" miteinander umzugehen, haben alle etwas davon. Und... psychische Belastungen betreffen nicht nur eine einzelne Person, sondern sie wirken gleichzeitig systemisch.

    Well Done - Gut gemacht! Der Erfolg heiligt fast alle Mittel.

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  • Vielen Dank für den fleißigen und nützlichen Beitrag - also: Ausreden gibt es nicht, keine Gefährdungsbeurteilungen zu psychischen Belastungen durchzuführen, weil "man angeblich kein geeignetes Werkzeug findet", oder?


    Hallo Hilde,


    wir haben uns, weil wir es gut machen wollten zu einem Update der BG Bau Software "Kompendium Arbeitsschutz" entschieden, mit der wir unsere bisherige Gefährdungsbeurteilung schon gemacht haben. In der 2014 Version fehlt der Teil mit psychischen Faktoren bei der GB komplett. Eine Nachfrage beim Verlag ergab, dass die psychischen Faktoren wohl "vergessen" worden seien und versprach eine Ergänzung in der nächsten Ausgabe.


    Das Ergebnis war viel Handarbeit mit unserem Werksarzt, um die psychischen Faktoren zu benennen, einzupflegen und die GB zu erstellen. Die 149€ hätte ich mir sparen können. Von einem Verlag der der BG nahesteht, hätte ich sowas nicht erwartet.

    Gruß Holgi


    Kein Mensch ist so beschäftigt, dass er nicht die Zeit hat, überall zu erzählen, wie beschäftigt er ist. (R. Lemke)

  • Hallo Zusammen,


    Ich sehe den Menschen / Mitarbeiter unteilbar als Ganzes. Er hat nach meiner Sicht 4 wesentliche Lebensbereiche. Diese fließen ineinander und in deren Kombination kann Stress entstehen:

    • Arbeitsplatz : Schöner Beruf, Geld Erfolg Karriere
    • Gesundheit ( Körper): Gesundheit, Ernährung, Erholung, Entspannung,
      Fitness, Lebenserwartung
    • Privatleben/ Familie: Freunde Familie, Zuwendung, Anerkennung
    • Persönlichkeit ( Sinn/Werte): Lebenserfüllung, Antworten auf
      grundlegende Fragen, Liebe Glaube


    Dabei hat der Arbeitsschutz nur den Bereich Beruf/Arbeitsplatz. Und trotzdem kann das am Arbeitsplatz erlernte auch das Privatleben beeinflussen. Als Fachkraft für Arbeitssicherheit sehen wir die Quellen für die psychische Belastungen:

    • Arbeitsaufgabe
    • Arbeitsablauforganisation
    • Arbeitsmittel / Arbeitsplatz/ Arbeitsumgebung
    • Soziale Beziehungen

    Die psychische Belastung kann positiv sowie negativ auf den Mitarbeiter einwirken. Der wesentliche Faktor ist die Bewertung des individuellen Menschen. Interessant ist das die Resilienz bewirkenden Faktoren mit der individuellen Bewertung zusammenhängen.


    1. Pflegen von Beziehung und Unterstützung annehmen


    2. Krisen sind nicht unüberwindbar


    3. Veränderung gehört zum Leben


    4. Sich realistische Ziele setzen


    5. Mutig handeln, lernen beinhaltet auch Fehler


    6. Aus Situationen lernen


    7. Trauen Sie sich etwas zu, Sie könne Probleme lösen


    8. Bewahre die richtige Perspektive, Sicht in einem breiteren Zusammenhang relativert


    9. Hoffnung nicht aufgeben, nicht unter dem Diktat der eigenen Ängste leben


    10.Auf sich selber achten, Bedürfnisse und Gefühle ernst nehmen



    Durch Organisation im Arbeitsleben kann vieles geregelt und die Arbeit wieder Menschengerecht gestaltet werden. Dabei entsteht die interessante Frage, was ist denn
    Menschengerecht
    . Berücksichtigt müsste hier die Individualität des Menschen gesehen werden. Diese lässt sich nur durch klare Kommunikation (Reden + Hören) Stückweise erfassen.
    Das würde bedeuten das gemeinsame Gespräch zu suchen. Damit es produktiv bleibt ist vorab eine Zielvereinbarung für das Gespräch hilfreich. Und das kann bei jedem betrieblichem (nicht privatem) Gespräch auch so geführt werden. Dazu bedarf es als Basis der Gleichwertigkeit beider Gesprächspartner.


    Was könnte der Motor zu solchen Gesprächen sein?
    Vielleicht das Wissen um die Grundbedürfnis des Menschen:


    Individualität und der Wille zum Allgemeinwohl bei zu tragen.


    Herzliche Grüße,



    Johannes Schmidt

  • Guten Tag allerseits,


    Aus dem Newsletter der DGUV:Beratung und Unterstützung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen finden Interessierte im komplett überarbeiteten Internetportal " www.gda-psyche.de " des Arbeitsprogramms Psyche der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie.


    Gruß


    Dirk

    Die Zeit ist ein großer Lehrer.
    Das Unglück: Sie tötet ihre Schüler


    Es ist einfacher ein Atom zu spalten als ein Vorurteil (Albert Einstein)

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  • Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist eine gesetzliche Vorgabe, die erst einmal die WIrkung ausgelöst hat:


    - GROSSE Fragezeichen in den Köpfen der SiFas Und Betriebsärzte
    - GROSSE Mißverständnisse, weil die Begriffe "Belastung" und "Beanspruchung" in der restlichen Welt so unbekannt sind, wie andorranische Volkslieder
    - ein RIESEN Geschäftsfeld für Kurse und Seminare, aus denen die Teilnehmer mit anderen Fragezeichen im Kopf herauskommen, als die, mit denen sie reingegangen sind


    Unstrittig IST die Existenz der psychischen Belastungen. Unstrittig ist aber auch, dass wir alle unter Druck arbeiten (~1013,25 hPa, entspricht also in diesem Moment ca. 300 kg Luft über unserem Kopf), dies aber in der Gefährdungsbeurteilung meist nicht erwähnen (so viel zum Thema Belastung und Beanspruchung).


    Eine SiFa wird meistens eine "Spezielle, vertiefende Gefährdungsermittlung" durchführen, wenn er einen Anlass dazu hat. Meiner MEINUNG nach ist die Beurteilung psychischer Gefährdungen genau DANN im Detail durchzuführen, wenn es Kennzahlen gibt, die auf psychische Belastungen/Beanspruchung zurückzuführen sind. Dazu gehören:
    - Krankenstand
    - Fluktuation
    - Erkrankungen des Bewegungsapparates (Daten Liefert die Krankenkasse in der jährlichen Übersicht)
    - Herz- Kreislauferkrankungen (Anmerkung wie oben)
    - Psychische Erkrankungen (Anmerkung wie oben)
    - Sonstiges?


    Was macht nun eine Zustandegekommene Lenkungsgruppe für die Beurteilung psychischer Belastungen in einem Betrieb, in dem obige Kennzahlen brutal unterdurchschnittlich sind (alle Kennzahlen unter 2%, teilweise unter 1%)? Vor diese Frage stehe ich nun...


    Fakt ist: es gibt Arbeitsdurck, es gibt Stress, es gibt Überstunden, es gibt geäußerte Unzufriedenheit (wo nicht?).
    Fakt ist aber auch, durch Kennzahlen belegt, dass die Belastung nicht zu einer Beanspruchung führt, die messbare Folgen hätte.


    Wo ist ein vermittelbarer Ansatz in der Beurteilung psychischer Belastungen, der zu Maßnahmen und in der Wirkungsprüfung zu nachvollziehbaren Verbesserungen führen kann? Any Hints?


  • Und wie ist es mit Prävention? Ich möchte eigentlich den Eintritt eines Schadens verhindern und nicht erst abwarten um im Anschluss Maßnahmen zu ergreifen.


    ....
    Fakt ist: es gibt Arbeitsdurck, es gibt Stress, es gibt Überstunden, es gibt geäußerte Unzufriedenheit (wo nicht?).
    Fakt ist aber auch, durch Kennzahlen belegt, dass die Belastung nicht zu einer Beanspruchung führt, die messbare Folgen hätte.


    Wo ist ein vermittelbarer Ansatz in der Beurteilung psychischer Belastungen, der zu Maßnahmen und in der Wirkungsprüfung zu nachvollziehbaren Verbesserungen führen kann? Any Hints?


    Problem ist doch, dass die Belastung unterschiedliche Beanspruchung zur Folge hat. Die haben wir bei Heben und Tragen aber auch. Dort wird dann der "Normmensch" herangezogen und auch darauf verwiesen, dass es individuelle Einschränkungen geben kann. Meiner Meinung nach muss man bei den psychischen Belastungen ähnlich verfahren. Die Belastung muss erkannt und quantifiziert werden, dann kann man ableiten ob daraus eine (negative) Beanspruchung wird. Um beim obigen Beispiel zu bleiben, wie wird sich eine hohe Belastung wohl auf einen Arbeitnehmer welcher z.B. um die 50 ist auswirken, der in einer strukturschwachen Gegend lebt und arbeitet und sein Eigenheim noch abbezahlen muss. Hier wirst Du meiner Meinung nach kaum greifbare Kennzahlen erhalten.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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  • "Beispielsweise seien Ingenieure und Naturwissenschaftler psychisch hohen Belastungen ausgesetzt, doch bilden sie eine der Berufsgruppen mit den wenigsten gesundheitlichen Beschwerden. Denn „Herausforderungen bei der Arbeit und ihre erfolgreiche Bewältigung wirken sich grundsätzlich positiv auf die psychische Gesundheit aus“, berichtet die BAuA. "


    Und zwar habe ich es mit Ingenieuren zu tun...


    Prävention - ja - nur diese Teams und die Arbeitsaufgaben gibt es seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Jahrhunderten... Wenn bis jetzt nichts "passiert" ist, was soll noch passieren - wovor sollen sie geschützt werden? Man kann Prävention schlecht gegen Dinge vorantreiben, die bislang noch nicht zu negativen Folgen geführt haben. Gegen Absturz und gegen Gehörschäden unternehme ich als SiFa auch nichts bei Ingenieuren und Entwicklern...


    Basics - JA! Pausen, Arbeitszeitregelungen, Dienstreisenregelungen, Zeitausgleich usw... Teilweise sind das gesetzlich geforderte Dinge, teilweise Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung, die nicht immer selbstverständlich beachtet werden (insbesondere von Führungskräften, die selbst nur Entwickler sind/waren und ihr Weltbild dann auf andere "stülpen"). Dafür brauche ich aber nichts zu eruieren: die Erkenntnisse gehören angwendet, die Vorschriften und technischen Regeln gehören befolgt und umgesetzt.


    Ich gebe aber zu, mich echt schwer zu tun in einer Berufsgruppe, die weder lokal auffällt, noch Erfahrungswerte und Ansatzpunkte aus der Historie heraus liefert. Am "Ende" wird sicher etwas stehen, was im Team ausgearbeitet wurde, und wissenschaftlich fundiert ist, aber ich fürchte, zwischen den Extremen "psychische Belastungen ignorieren" und "psychische Belastungen überbewerten" haben wir (Edit: "wir" im Sinne von wir Präventionsmenschen, also SiFas und BG) die Überbewertung schon weit hinter uns gelassen...

  • Hallo Zusammen,
    könnte in der Sensibeliesierung zu dem Thema psychische Belastungen schon ein Erfolg liegen?


    Wenn keine Auffälligkeiten zu finden sind müssen offenbar (scheinbar) auch keine Maßnahmen ergriffen werden. Das machen wir doch bei allen anderen Gefährdungen ebenso. Es macht doch Sinn das Arbeitssystem eben auch von seiten der Psychischen Belastung kontinuierlich zu betrachten. Die Besonderheit der psychischen Belastung ist daß sie mit dem Menschlichen Innenleben (eigene Wertung) zu tun hat. Diese ist nicht immer offensichtlich. Aus diesem Grund macht die Kontinuität Sinn.


    Ich habe eben das Wörtchen "scheinbar" 8) verwendet. Da es offenbar schon Unzufriedenheit gibt. Ein gewisses Maß ist mit Sicherheit normal. Es kann nicht jeder individuelle Wunsch erfüllt werden. Es geht im zwischenmenschlichen um das Abwägen von Bedürfnissen. Die Frage ist nur, wie wird das im Unternehmen Kommuniziert.
    Durch Kommunikation können viele Störungen entwickelt werden oder eben auch verhindert und auch beseitigt werden.


    Ein sehr empfehlenswertes Buch über diese Thema habe ich von Professor Weisbach "Professionelle Gesprächsführung" gefunden. Das Buch ist sehr praxisnah, verständlich und leicht zu lesen.


    Herzliche Grüße,
    Johannes Schmidt

  • ...sehr schöne Diskussion. Allerdings steht nicht nur die Frage im Raum, wieviel Einfluss bzw. Verantwortung der AG auf seinen MA haben kann, sondern auch wieviel er haben muss. Arbeitsschutz hört nicht am Werkstor auf und ich versuche immer, in meinen MA ein Bewußtsein zu schaffen, das sie beispielsweise auch dazu bringt, beim Rasenmähen zu Hause keine FlipFlops zu tragen. Wenn der MA da allerdings doch tut, kann ich nicht zufrieden sein, muss aber manchmal meine Grenzen erkennen.


    Wenn ich über Gefahrstoffe etc. rede, mache und tue und der MA raucht wie ein Schlot... Ihr wisst hoffentlich worauf ich hinaus will.


    However, gerade in der heutigen Zeit machen sich viele Menschen einfach Stress aus den unterschiedlichsten Gründen. Achtung, heisses Thema: Immer mehr Eltern wollen so früh wie möglich wieder berufstätig sein, ihre Kinder aber auch versorgt wissen - Hort, Musikunterricht, Nachhilfe, Sport, etc, pp. Da kann dann natürlich schon mal Stress aufkommen, welcher nicht unbedingt ursächlich im Job begündet liegt. Leider wird er immer häufiger dahin abgeschoben. Bin ich als AG dann derjenige, der es seinen MA schön gemütlich und stressfrei machen muss?!?!?!


    Allerdings, und das ist der Haken und sicherlich Deine primäre Aufgabe mit dieser Anfrage: DAS muss ich erstmal herausfiltern...


    Hey, ihr wisst ich bin hier mittlerweile als kleiner Ketzer bekannt ;-). Aber denkt daran: Nicht immer stellen solche Aussagen und Thesen meine innerste Überzeugung dar; sie versuchen eben nur manchmal Themen auch aus anderen Blickwinkeln zu beleuchten und auch hier Denkanstöße zu geben.


    In diesm Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Hallo,


    Hildegard.


    Wie Du schon geschrieben hast, privates kann auf der Arbeit einen hohen Stressfaktor auslösen.


    Als ich 1992 meine Meister gemacht hatte, hatten wir das Thema Mitarbeiterführung und Mitarbeitergespräch als Prüfungsfach.


    Mir wurde die Frage gestellt: Es ist Montag in der Frühe und sie stellen fest, dass ihr Staplerfahrer noch nicht nüchtern ist. Was machen sie?


    Da kommt die private Komponente auch zu tragen. Ist es einmal geschehn oder war es schon öfters?


    Mal an Euch, wie würdet ihr handeln?
    :moin::50::rock1:
    Gruß


    Hans-Peter Weiland

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  • ...diese Teams und die Arbeitsaufgaben gibt es seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Jahrhunderten... Wenn bis jetzt nichts "passiert" ist, was soll noch passieren ...


    Auch bei diesen Teams dürfte es Arbeitsverdichtung gegenüber vor Jahrzehnten geben. Schnellere Kommunikationswege über Telefon und Mail mit entsprechendem Erwartungsdruck. Ständige Erreichbarkeit, auch in der Freizeit usw.


    ... Gegen Absturz und gegen Gehörschäden unternehme ich als SiFa auch nichts bei Ingenieuren und Entwicklern...


    Warum nicht, wenn diese dieser Gefahr ausgesetzt sind?


    ... Basics - JA! Pausen, Arbeitszeitregelungen, Dienstreisenregelungen, Zeitausgleich usw... Teilweise sind das gesetzlich geforderte Dinge, teilweise Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung, die nicht immer selbstverständlich beachtet werden (insbesondere von Führungskräften, die selbst nur Entwickler sind/waren und ihr Weltbild dann auf andere "stülpen"). Dafür brauche ich aber nichts zu eruieren: die Erkenntnisse gehören angwendet, die Vorschriften und technischen Regeln gehören befolgt und umgesetzt....


    Oft gibt es in solchen Bereichen auch die Vertrauensarbeit, also keine strengen Arbeitszeitregelungen sondern das Ergebnis zählt. Klingt zunächst einmal entspannt und flexibel, aber dadurch kann auch entstehen, dass gängige und altbewährte Arbeits-Pausenverhältnisse nicht eingehalten werden und der Ergebnisdruck eine entsprechende Belastung darstellt.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.


  • Auch bei diesen Teams dürfte es Arbeitsverdichtung gegenüber vor Jahrzehnten geben. Schnellere Kommunikationswege über Telefon und Mail mit entsprechendem Erwartungsdruck. Ständige Erreichbarkeit, auch in der Freizeit usw.



    Warum nicht, wenn diese dieser Gefahr ausgesetzt sind?



    Oft gibt es in solchen Bereichen auch die Vertrauensarbeit, also keine strengen Arbeitszeitregelungen sondern das Ergebnis zählt. Klingt zunächst einmal entspannt und flexibel, aber dadurch kann auch entstehen, dass gängige und altbewährte Arbeits-Pausenverhältnisse nicht eingehalten werden und der Ergebnisdruck eine entsprechende Belastung darstellt.


    Die Arbeitszeitverdichtung ist ein Thema, insbesondere die Vertrauensarbeitszeit. Die wird zu 90% fehlinterpretiert in dem Sinne, dass die Arbeitszeit nicht nazuweisen ist. Ich habe erst angefangen, aber diese Idee möchte ich den Leuten aus dem Kopf jagen. Vertrauensarbeitszeit bedeutet eine eigene Verantwortung dafür zu tragen, dass die arbeit geleistet wird, bedeutet aber nicht, dass die Arbeitszeit nicht dokumentiert werden muss.


    Hier ist die Falle... Die Dokumentation der Arbeitszeit steht nicht im Arbeitsvertrag oder in der Arbeitsplatzbeschreibung. Sie steht aber im Gesetz... Findet die Dokumentation nicht statt, legt der Angestellte seinem Chef ein GANZ dickes Kuckucksei ins Nest...


    "$16(2): (2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben. Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren."


    AUTSCH!


    Heißt - wer weniger als vereinbart arbeitet, nun ja, Gewissensfrage. Wer aber MEHR arbeitet, muss es MELDEN! Und dann greift natürlich die ganze Maschinerie mit SiFa, BG, Gewerbeaufsicht, Genehmigung usw. ein. EIn Teuefelskreis...


    Ich muss da aber auch das Unternehmen sensibilisieren, dass hier eine gesetzliche Grundlage vorliegt... Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber wehe, der Mitarbeiter verunglückt auf der Dienstfahrt nach einem 10h-Projekt in der Ferne...


    Und: unsere Ingenieure sind woeit nicht absturzgefährdet, wenn sie nicht wegen Frust aus dem Fenster hüpfen... :) Ertrinken ist auch kein Thema: unser Gelände ist neu, da sind keine Pfützen - diesen Schverhalt prüfe ich jeden Regentag auf's Neue. Gehörschäden sind nicht zu befürchten, hier wird nur leise gebrüllt. Und da ist auch die Frage auch mit psychischen Gefährdungen.... Kann ich behaupten, dass KEINE psychischen Gefährdungen da sind, wenn die BG schon schreibt, dass Ingenieure in der Statistik unauffällig, bzw. auffällig wenig vertreten sind? Meine Antwort: NEIN. Aber da endet auch mein Latein - ich muss mich fragen: warum "nein"? Und wenn also DOCH psychische Belastungen da sind, wie evaluiere ich die in einer Gruppe, die auf psychische Belastungen keine Beanspruchung aufzeigt? Es ist wie die Suche nach Neutrinos: keine Interaktion mit Materie oder Feldern, aber ihre Existenz soll nachgewiesen werden. Na Klasse :D

  • Hallo azrazr,


    ich kann Dir da nur zustimmen, ich habe hier bei uns die gleichen Probleme. Ich arbeite mit vielen Hardware- und Softwareing,s zusammen und da gibt es viele Belastungen Beispiele dafür sind Termindruck, Überlastung Teamfähigkeit und nicht zu vergessen Probleme aus dem Privaten Bereich.


    Das die Psychischen Probleme bei Ing,s bei der BG als unauffällig oder nicht vorhanden angesehen werden kann ich leider auch nicht verstehen ich habe da ganz andere Erfahrungen nach 20Jahren als Mitarbeiter eines Entwicklungsunternehmens!!
    Vielleicht liegt es aber daran das viele Ing,s wenn es ihnen zu viel wird einfach die Stelle wechseln. Genug Stellenangebote für Ing,s gibt es ja auf dem Markt.

    Mit freundlichen Grüssen aus Braunschweig!


    Hans-Jürgen

  • Tja, wir wollen aber nicht, dass sie wechseln... Außerdem sollten(?) Ingenieure belastbarer sein, sprich, durch Belastung weniger Beansprucht sein, als weniger Gebildete.


    Das "leichte Geldverdienen" mal außen vor (wie bei der FiFa-Mafia), aber Ingenieure wissen auch, wofür sie arbeiten - ihre Entlohnung ist auch deutlich höher, als bei Nichtingenieuren (im Schnitt), ihre Altersabsicherung ist besser und dadurch ist ihre Motivation (und Belastbarkeit) pauschal höher angesiedelt, was dann auch bedingen könnte, dass eine hohe Beanspruchung schlicht "geleugnet" wird, weil sie für das Gehalt systembedingt vorausgesetzt wird.


    Am "unteren Ende" der Skala habe ich mal privat eine Frau befragt, die nichts anderes tat, als das gleiche Bauteil im Schnitt 20.000x pro Tag in eine Presse einzulegen (auch die LMM lässt grüßen). In dem Werk gab es eine Art Akkord, in dem Sinne, dass die, die eine Anzahl erfüllen, auch früher gehen dürfen, oder mehr Geld kriegen können (oder Beides). Die Frau hat den "Akkord" um das Maximum übererfüllt, heißt, die Quoten waren gestaffelt, aber auch gedeckelt. Mehr Teile zu produzieren hätte nicht mehr Geld gegeben. Ihr Einkommen war also mit dieserLeistung 35% höher als das Grundeinkommen. Sie war aber mit der Arbeit im Schnitt nach 5,5 bis 6 Stunden fertig. Sie musste also auch keine Mittagspause machen, und war früh zu Hause, um ihr Kind nach der Schule mit dem Mittagessen zu versorgen. Bei der Arbeit sagte sie, da schalte sie ab. Sie würde Radio hören und sei mit den Gedanken ganz woanders. Ob sie etwas anderes auch mal machen möchte? BLOSS NICHT! Tja - psychische Belastung hin oder her... Wenn ihre 10 Kollegen bei einer Umfrage aussagen, dass sie durch Monotonie belastet sind, ist sie ihr schönes Leben im schlimmsten Fall auch los... So war sie aber hoch zufrieden: ein überdurchschnittliches Einkommen in einer strukturschwachen Region (also keine engeren Geldsorgen), hohes Ansehen bei Vorgesetzten und Kollegen (hohe Leistung), und Mittags schon zu Hause. Was will die Frau (oder ein Mann) ohne Berufsauasbildung mehr? (Über ihren Mann oder einen möglichen Partner weiss ich nichts).


    BTW Mann - in einem von mir früher betreuten Betrieb wollten viele Männer nur in die Nachtschicht. Damit hatten sie Gehälter wie Ingenieure, mussten aber nur einen Bruchteil der Tagesschicht leisten... Sie furen allesamt prollige "Sportwagen", aufgemotzte 3-er und Co. Wenig Arbeit, viel Geld, mittlere bis keine Ausbildung = zufriedene Mitarbeiter. Einige der Männer waren aber sehr alt (nahe Rente). Die haben das getan, um ihre Häuser noch vor der Rente abzubezahlen. Die waren nicht glücklich mit der Dauernachtschicht, hatten aber auch aus PRIVATEN Gründen keine Wahl. Was machst Du mit solchen Mitarbeitern als Unternehmer? Du siehst, dass sie kaputt gehen, aber wenn Du ihnen den (besser bezahlten) Job wegnimmst, gehen sie auch kaputt - aus privaten Gründen.


    Ich meine: da ist ein Fass offen, dessen Ausmaß und Inhalt wir noch nicht einmal ansatzweise einschätzen können - und MEINER Meinung nach, ist das Thema bei den SiFas völlig fehl am Platze (auch beim Betriebsarzt: äußewrst grenzwertig).

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  • Tja, wir wollen aber nicht, dass sie wechseln... Außerdem sollten(?) Ingenieure belastbarer sein, sprich, durch Belastung weniger Beansprucht sein, als weniger Gebildete.
    ....
    Ich meine: da ist ein Fass offen, dessen Ausmaß und Inhalt wir noch nicht einmal ansatzweise einschätzen können - und MEINER Meinung nach, ist das Thema bei den SiFas völlig fehl am Platze (auch beim Betriebsarzt: äußewrst grenzwertig).


    Moin,


    entschuldige wenn ich es so deutlich sage, aber ich gehe mit dir d'accord, dass dieses Thema völlig fehl am Platze ist. Jedoch nicht bei allen SiFas. Bei Dir hingegen ist es meiner Meinung nach deplatziert. Wenn Du den Bildungsgrad in eine lineare Abhängigkeit zur Belastbarkeit bringst, solltest Du Dich mit dem Thema psychische Belastungen nicht mehr auseinandersetzen, und wer in einem Beitrag so viele Pauschalisierungen raushaut, ist vielleicht an einem Stammtisch besser aufgehoben, als zu versuchen eine gesunde Balance zwischen Stress vs. Ressourcen für die Beschäftigten zu finden. Sorry, aber ich bin immer für ein offenes Wort.


    Gruß Frank


    P.S. Die Frau an der Presse ist übrigens Nichtraucherin und hat eine Blase mit einem aussergewöhnlichen Fassungsvermögen. Desweiteren verfügt sie über eine extrem gute Hand-Auge-Koordination. Woher ich das weiß? Um 20.0000 Bauteile in 5,5 Stunden zu erzeugen, bleibt für den jeweiligen Arbeitsvorgang genau 1 Sekunde. :whistling: Die Frau, die Du "am unteren Ende der Skala" angesiedelt hast, würde ich als den Paganini der Pressebeschicker ansehen.

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.